Radtest des geplanten Fahrradschnellweges Endersbach Fellbach am Samstag 27.03.2021

Insgesamt 15 Personen waren am Samstag, 27. März der Einladung des Vereins Kernen21 gefolgt, im Rahmen einer Fahrradrundfahrt die geplanten Trassen des Fahrradschnellwegs RS5 zwischen Endersbach und Fellbach abzufahren.
Die Interessierten kamen aus Stetten, Rom, Endersbach und Fellbach. Es waren allesamt sog. „ProfiradlerInnen“, also Menschen, die regelmäßig größere Strecken mit dem Fahrrad fahren, vor allem auf dem Weg zur Arbeit. Die PFB-Gemeinderätin Corinna Konzmann hatte sogar ihren 2-jährigen Sohn im Kinderanhänger dabei. Des weiteren nahm ein Vertreter der Ortsgruppe Waiblingen des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs (ADFC) an der Fahrt teil.
Zu Beginn stellte der Kernen21-Pressesprecher Ebbe Kögel, der die Organisation der Rundfahrt geplant hatte, die Entwicklung der Radschnellweg-Idee vor, die für Baden-Württemberg recht neu ist. Im Ruhrgebiet und vor allem in Holland gibt es diese Art Schnellstraßen schon lange.
Auch Kernen21 hatte vor 10 Jahren im Rahmen der Planungen für die Remstalgartenschau bereits den Bau einer schnellen Radverbindung zwischen Schorndorf und Fellbach in die Diskussion gebracht. Damals allerdings noch ohne Resonanz.
Bewegung kam erst in die Planungen, als Bund und Land für den Planungsprozess massive Zuschüsse in Aussicht stellten. Der Rems-Murr-Kreis beauftragte dann die Bernard-Gruppe, ein international tätiges Ingenieurbüro, mit der Entwicklung von Vorschlägen zur Trassenführung.
Der RS5 Schorndorf-Fellbach hat eine Streckenlänge von fast 22 km, mit (gegenwärtig kalkulierten) Gesamtkosten von 32,7 Millionen Euro, also 1,5 Millionen Euro pro km. Das erscheint auf den ersten Blick als sehr teuer. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass ein Radschnellweg weitgehend kreuzungsfrei geführt wird, um eine angepeilte Durchschnittsgeschwindigkeit von 25 km/h zu erreichen. Um die Kreuzungsfreiheit zu erreichen, sind unter Umständen recht teure Ingenieurbauwerke wie Unterführungen und Brücken erforderlich. Bei der Beurteilung der Kosten muss ebenfalls erwähnt werden, dass der Bau von 1 km Autobahn mindestens das 10-fache dieses Betrages kostet. Erwartet wird, dass dann bis zu 2.300 RadfahrerInnen pro Tag die Strecke benutzen werden.
Die vorgeschlagene Streckenführung wurde am 20. Januar 2021 erstmals im Technischen Ausschuss des Gemeinderats Kernen vorgestellt. Bemerkenswert an dieser Präsentation war der Vorschlag, alternativ zu der zuerst geplanten Strecke entlang der Bundesstraße B14/B29 eine Trasse zu planen, die von Endersbach her weiter südlich verläuft, parallel zu S-Bahn am Rande der Felder. In Rom mündet sie dann in die Max-Eyth-Straße, führt am Bahnhof vorbei, überquert die Waiblinger Straße in die Willy-Rüsch-Straße bis zur Kellerei Kern. Weiter geht es geradeaus 300 Meter über die angrenzenden Felder, dann rechts runter zur Erbachstraße (Schüttelgraben) und von dort – an der Fellbacher Kläranlage vorbei – bis zur Stuttgarter Straße in Fellbach.
Die weiteren Planungen sehen vor, den RS5 durch Fellbach durch auf der Stuttgarter Straße zu führen und schließlich bergab auf der alten Bundesstraße (Nürnberger Straße), parallel zur U1, bis zum Cannstatter Wilhelmsplatz. Diese Straßenführung, die sicherlich nicht optimal ist, soll an dieser Stelle aber nicht weiter erörtert werden.

Unter dem Gesichtspunkt einer zukünftigen Verkehrswende ist die Alternativroute durchs Römer Industriegebiet sicherlich ein interessanter Vorschlag. Dies würde signalisieren, dass zumindest auf einer Straße im Gemeindegebiet ein klares Zeichen für den Vorrang des Rad- vor dem Autoverkehr gesetzt wird. Hier müsste sicherlich viel Überzeugungsarbeit geleistet werden, da anzunehmen ist, dass es auf den vielbefahrenen Straßen im Römer Industriegebiet zu Zielkonflikten zwischen Auto- und Lkw-Verkehr und den bevorrechtigten (!) RadfahrerInnen käme. Aber, nebenbei bemerkt: auch gegen die Einführung von heute selbstverständlichen Fußgängerzonen gab es jahrzehntelang heftigsten Widerstand von den AutofahrerInnen.

Ein neuralgischer Punkt der Alternativtrasse ist auf jeden Fall die Überquerung der Waiblinger Straße, die mithilfe einer Ampelschaltung erfolgen soll. Das heißt, dass dort dann entweder die Radfahrenden oder eben die Autos jeweils 1 bis 2 Minuten warten müssten. Warten müssten insbesondere auch die Linienbusse der Nr. 211 bzw. der Expressbus X20, die dort in der Hauptverkehrszeit ca. alle 7 Minuten verkehren. Nicht optimal.
Hier kam nun der Vorschlag, die Waiblinger Straße mit einer Fahrradbrücke zu überqueren, die vor dem Bahnhof beginnt und mit einem Schwenk nördlich des neuen Gebäudes der Firma Kälte-Fischer die Waiblinger Straße überquert und dann nördlich der bestehenden Industriegebäude Richtung Fellbach weitergeführt wird. Dies hätte auch den Vorteil, dass es zwischen den Radfahrenden und den Omnibussen der Fa. Schlienz in der Willy-Rüsch-Straße zu keinen Konflikten kommen könnte.

Die Fahrradgruppe fuhr dann nach dem Ortsende von Rom weiter über die Felder und den die enorm steile Stichstraße hinunter zum Schüttelgraben. Hier waren sich alle einig, dass dies eine gefährliche und der Idee eines Schnellwegs absolut entgegenstehende Trassenführung ist.
Nach der Ankunft am Rande des Industriegebietes wurde kehrt gemacht und die Gruppe fuhr die RS5-Variante ab, die entlang der Bundesstraße geführt werden soll. Hier mussten zum Teil erhebliche Umwege gefahren werden, da nur auf einem kleinen Teil der geplanten Strecke bereits befahrbare Wege vorhanden sind. So muss z.B. das Tal des Krättenbachs unterhalb der Römer Kläranlage mit einem Brückenbauwerk überquert werden. Auch in der Weiterführung entlang der Bundesstraße gibt es noch viele Äcker und Wiesengrundstücke, die erworben bzw. überplant und überbaut werden müssten.
Angekommen an der Ausfahrt der B29 Richtung Stetten wurde ein weiteres Problem sichtbar: zur Weiterführung des RS5 Richtung Endersbach bzw. Schorndorf müssen mindestens zwei Mal vielbefahrene Straßen überquert werden. Hier ist von Seiten von Weinstadt noch keine Entscheidung über die Trassenführung gefallen.

Auf dem Rückweg Richtung Rommelshausen fuhr die Gruppe schließlich die südliche Alternativtrasse entlang der Bahntrasse ab. Hier gibt bisher nur einen Feldweg, der schließlich am nordöstlichen Ortsrand von Rom in die Max-Eyth-Straße einmündet. Von da aus würde der RS5 dann bis zum Bahnhof in Rom weitergeführt.
Da einer der Teilnehmer (Michael Becker aus Endersbach) diesen Feldweg regelmäßig auf dem Weg zur Arbeit nach Fellbach befährt, erhielt dieser Weg spontan die Bezeichnung „Becker-Trasse“.
Von diesem Experten kamen (als Nachtrag) noch folgende Anmerkungen zu dieser Trassenführung: „Früher wurde bei Starkregen öfters Schlamm ins Gleisbett gespült, was teilweise zur Sperrung der Bahnlinie führte. Vor ca. 10-15 Jahren wurde dann der Bahndamm abgetragen und mit wasserdurchlässigen Gabionen aufwändig wieder aufgebaut. Jetzt verfängt sich der Schlamm und das Problem trat meines Wissens nicht mehr auf. Wird jetzt ein wasserundurchlässiger Weg gebaut, werden bei Regen dahinter Seen entstehen, was die Bauern sicher nicht dulden werden. Ergo muss da meiner Meinung nach zwingend in irgendeiner Form ein Drainage/Rückhaltesystem errichtet werden. Vermutlich ist das den Planern nicht bekannt . Auch jetzt schon, ohne Asphalt hält sich über Monate so viel Wasser in einer Kurve, dass die Leute über den Acker und nicht auf dem Weg laufen .
Desweiteren kann ich mir nicht vorstellen, dass die Bauern nach der Feldarbeit den Weg säubern, und das Andi Scheuer den Besen schwingt auch nicht, wäre aber eine schöne Vorstellung.“

Befragt nach ihren Eindrücken, kamen von den teilnehmenden Personen, die sich fast alle zum ersten Mal mit der geplanten Streckenführung befasst hatten, die unterschiedlichsten Antworten. Eine eindeutige Bevorzugung einer der beiden Trassen war daraus nicht zu erkennen.
Aus der Diskussion entstand aber ein weiterer interessanter Vorschlag: Nämlich an dieser Stelle (Brücke über die S-Bahn am Ende der Beinsteiner Straße) mit dem RS5 auf die andere Seite zu wechseln und ihn dann an der Kläranlage Krättenbach vorbei auf die Trasse entlang der Bundesstraße zu führen.

Als nächstes steht nun die im Rahmen der Planungen vorgesehene Bürgerbeteiligung im Raum. Sie soll noch dieses Frühjahr durchgeführt werden. Danach entscheidet der Gemeinderat über die Trassenführung.
Es wird sicherlich keine leichte Entscheidung, die unsere VolksvertreterInnen hier treffen müssen. Kernen21 ist gerne bereit, im Rahmen der Bürgerbeteiligung bzw. für die GemeinderätInnen eine weitere Rundfahrt zu den beiden Trassenvarianten zu organisieren, um damit eine bessere Entscheidungsgrundlage zu schaffen.

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