ICE-Brand am 12.10. 2018 bei Montabaur

ICE Brand bei  Dierdorf und die Konsequenzen für Stuttgart 21 und die Bahn

 

Am 12.10.18 fing ein Intercityexpress des Typs ICE 3 auf der  Schnellbahn Strecke Köln Frankfurt

zwischen Bonn/Siegburg und Montabauer in Höhe Dierdorf  Feuer und in der Folge brannten 2 Waggons aus.

Laut Angaben der deutschen Bahn gab es seit 2008 insgesamt 39 Vorfälle von Branderscheinungen bei ICEs, von daher eigentlich nichts Ungewöhnliches, einer  von vier Brandfällen pro Jahr. Bei der Betrachtung der Brandursache ist das ARD Report Magazin aus Mainz, ich hatte letzten Montag auf die Sendung am 6.11.18 hingewiesen, allerdings auf eine mögliche Brandursache gestoßen, bei der nicht nur technisches Versagen in Frage käme, sondern auch ein bewusstes Ausschalten von Sicherheitseinrichtungen am ICE seitens der Bahn, das in diesem Fall mutmaßlich die Entstehung des Brandes mit verursacht haben könnte.

Nun kommt zum besseren Verständnis ein kleiner Ausflug in die Konstruktion und den Aufbau der ICE Züge. Die ersten beiden Baureihen des ICE, die 1991 erstmals in Betrieb genommen worden sind, waren aufgebaut wie ein klassischer Zug , vorne eine Lokomotive , wegen der hohen Geschwindigkeiten hier mit einer aerodynamischen Schnauze und hinten angehängte Waggons.

Mit der Einführung des ICE 3 änderte sich dies, es gab keine ziehende Lok mehr,  die Antriebseinheiten wurden unterflur auf die Waggons verteilt. Dies hat im Wesentlichen 2 Vorteile: bei gleicher Gesamtlänge können mehr Fahrgäste transportiert werden und der Zug hat eine höhere Traktion, ähnlich wie beim Allradantrieb im Auto. Diese Eigenschaft ist auf dieser Strecke besonders wichtig, denn sie weist Steigungen bis 40 Promille  auf, die in der gewünschten Geschwindigkeit von bis zu 300 Km/h nur vom ICE des Typs 3 bewältigt werden können.

Allerdings bedeutet dies  auch, anders als bei einer Lokomotive, dass Fahrgäste über den Antriebseinheiten sitzen. Kommt es hier zu Rauchentwicklung oder Bränden im Antriebsstrang, sind die Passagiere unmittelbar betroffen. Von daher müsste man also davon ausgehen, dass alles technisch Machbare unternommen wird um die Sicherheit der über den Komponenten sitzenden Reisenden zu garantieren.

Leider scheint dies nicht durchwegs der Fall zu sein. In nur einer der 3 Baureihen vom ICE 3 befinden sich Brandmelder , sodass der Lokführer während der Fahrt einen Brand nicht sofort erkennen kann und wie hier in Dierdorf der Sensor Namens Fahrgast den Brand entdeckt und die Notbremsung eingeleitet hat.

Nun stellt sich die Frage: was kann bei einem Elektro Antrieb eigentlich brennen?

Um möglichst viel Leistung verlustarm übertragen zu können, wird die Oberleitung mit einer Spannung von 15000 Volt betrieben, die Motoren Ihrerseits können aber nur mit einer Spannung von 1000 Volt arbeiten. Folglich muss die Spannung runter transformiert werden. Zur Isolation des Transformators und um die dabei entstehende Abwärme abführen zu können, ist der Trafo mit Öl befüllt,  beim ICE Trafo sind dies  satte  1500 Liter Öl, brennbares Öl. Bis in die 80 ziger Jahre des letzten Jahrhunderts wurden schwer entflammbare PCB haltige Öle verwendet. Diese  wurden aber wegen Ihrer Giftigkeit aus dem Verkehr gezogen. Das Gelände der ehemaligen Trafo Union in Canstatt musste aus diesem Grund langjährig dekontaminiert werden bevor das Carrée dort errichtet werden konnte.

Der Ausbreitungsherd des Brandes beim Unglückszug von Dierdorf deutet darauf  hin, dass eben jenes Öl Feuer gefangen haben kann. Denkbar wäre hier, dass die hohe Beanspruchung der steilen Strecke oder auch ein Kurzschluss im Transformator zu einer Überhitzung des Öles und somit zu einem Druckanstieg geführt haben könnte. Um diese Gefahr zu erkennen wird an solchen Trafos ein Schutzrelais verbaut, das nach seinem Erfinder Max Buchholz genannte Buchholzrelais.. Bei geringem Druckanstieg sendet es dem Lokomotivführer ein Signal, dass er die Leistung reduzieren soll, bei starkem Druckanstieg schaltet es den Trafo ganz ab.  Wird der Trafo nach einer Wartung mit frischem Öl befühlt , befindet sich am Anfang einfüllbedingt noch Luft in dem System, die In Folge einen Druckanstieg auslösen kann, ohne das der Trafo schon überhitzt ist, es käme also zu einer Abschaltung ,ohne dass ein Defekt vorliegt.  Dies  ist natürlich unerwünscht und der Verdacht liegt nahe, dass das Buchholzrelais nach einem Ölwechsel überbrückt wird , wobei damit billigend in Kauf genommen wird, das es im Falle einer tatsächlichen Überhitzung und Gefahr, diese nicht detektiert werden kann.

Sollte dies so zutreffen, setzt die Bahn hier das Leben Ihrer Fahrgäste aufs Spiel.

Report Mainz hat auf mehrfaches Nachfragen von der Bahn bestätigt bekommen, das bei den Baureichen ICE 1 Und ICE 2 nach Ölwechseln für 10 Tage das Buchholzrelais überbrückt wird. Die Bahn bestreitet jedoch, dass dies auch bei der Baureihe des ICE 3 geschieht. Report Mainz liegt hingegen die Aussage eines Lokführers vor, dass ihm auch beim ICE 3 überbrückte Buchholzrelais begegnet sind, weitere Lokführer bestätigen Ihm diesen Sachverhalt.

Die Bundesstelle für Eisenbahnunfälle hat die Ermittlungen aufgenommen.  Bis die Ermittlungen abgeschlossen sind und ein Prüfbericht veröffentlicht wird, kann es aber Jahre dauern

Bahn Personenverkehrsvorstand  Berthold Huber hat angekündigt, dass alle rund 60 ICE3 der Baureihe 403 einer Sonderprüfung unterzogen werden und danach auch alle ICEs der älteren Baureihen.

Das ist schön, kann uns allerdings aus mehren  Gründen  nicht beruhigen.

Zum Einen hat die Bahn nicht genügend rollendes Material, um den Ausfall der ICE 3 Flotte zur Nachrüstung von Sicherheitstechnik zu kompensieren,  wahrscheinlich fehlen auch geeignete Betriebshöfe für die Arbeiten, da die Bahn seit 1991 ein Bahnbetriebswerk nach dem Anderem schließt.

Viel entscheidender jedoch ist der Umstand, dass ein Großteil der Brandereignisse gar nicht durch technische Defekte ausgelöst wird, und somit also auch nicht durch technische Maßnahmen verhindert werden kann.

Wenn ich also einen Brand nicht immer verhindern kann, dann muss ich wenigstens verhindern, dass er Schaden anrichten kann und Schwupp die Wupp wären wir bei Stuttgart 21 und seinen Tunneln.

Die Sendung Report Mainz hat sich  allerdings nicht mit den Auswirkungen eines Brandes  im Tunnelsystem des Tiefbahnhofes beschäftigt, obwohl hier bedingt durch die starke Steigung im Filderaufstiegstunnel auch eine enorme Beanspruchung der Transformatoren mit der damit verbundenen Gefahr der Überhitzung besteht.

Nach einem Brand im Eurotunnel 1996 musste eine  Röhre für 7Monate gesperrt werden,  träte dieser Fall auch bei Stuttgart 21 ein,  Oje.

Auf die generelle Unzulänglichkeit des Brandschutzes bei Stuttgart 21 haben wir ja schon mehrfach hingewiesen,  zuletzt bei einer Infoveranstaltung im Stuttgarter Rathaus am 29.10.18, wo die Risiken sehr eindrücklich beschrieben worden sind. Insbesondere sollte sich jeder Verantwortlich der Bahn die Rauchausbreitung in einer verengten Tunnelröhre anschauen wie sie Frau Dr, Grewoll aufgezeigt hat, schon nach wenigen Minuten befindet sich der giftige Rauch in Kopfhöhe der in Panik flüchtenden

Am 12.12.18,  wenn die Aufsichtsratssitzung der Bahn stattfindet, werden wir das aktuelle Brandschutzgutachten in Berlin dem Pressesprecher der Bahn übergeben.

Der Brand in Dierdorf hat gezeigt wie real die Gefahr eines Zugbrandes ist und das sich ein solches Szenario im Tunnelsystem 21 nicht beherrschen ließe. Und wenn man etwas nicht beherrscht, darf man es eben nicht tun!

Deshalb lassen wir nicht locker und kämpfen im Interesse aller BahnfahrerInnen  dafür,  dass wir ewig, safety first, Oben Bleiben

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