Text der Strafanzeige Gegen DB-Vorstände Pofalla und Lutz

An die Staatsanwaltschaft 10548 Berlin 5.05.2017 loe – 9/17 –

Strafanzeige in Sachen 1. Dr. Eisenhart v. Loeper, Rechtsanwalt & Sprecher, Aktionsbündnis gegen Stuttgart 21, Hinter Oberkirch 10, 72202 Nagold 2. Dieter Reicherter, Vorsitzender Richter am Landgericht a. D., Ochsenhaustr. 25, 71566 Althütte

Anzeigeerstatter gegen 1. Dr. Richard Lutz, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Bahn AG, Potsdamer Platz 2, 10785 Berlin 2. Ronald Pofalla, Infrastrukturvorstand der Deutschen Bahn AG, Potsdamer Platz 2, 10785 Berlin Beschuldigte wegen des Tatverdachts des gemeinschaftlichen fortgesetzten Vergehens der Untreue nach § 266 StGB.

Hiermit erstatten wir gegen die Beschuldigten Strafanzeige mit dem Tatvorwurf:

den Beschuldigten Ziffer 1 und 2 wird zur Last gelegt, dass sie ihre Pflicht als Vorstände der Deutschen Bahn AG zur Betreuung fremder Vermögensinteressen gegenüber dem Bahnkonzern DB AG verletzten und dem Betreuten dadurch wissentlich billigend Vermögensnachteile zufügten, indem sie pflichtwidrig den Weiterbau des Bahnprojekts „Stuttgart 21“ herbeiführten, als sie es unterließen – der Beschuldigte Ziffer 1 seit dem 1. August 2016 als Finanzvorstand der Deutschen Bahn AG,, seit dem 30. Januar 2017 zugleich als geschäftsführender Vorstandsvorsitzender der DB AG und seit dem 22.03.2017 als Vorstandsvorsitzender und Finanzvorstand der DB AG, der Beschuldigte Ziffer 2 seit Anfang Januar 2017 mit Beginn seines Amtes als Infrastrukturvorstand der DB AG – 2

(1) sich auf Seiten des Beschuldigten Ziffer 1 im Vorstand der DB AG – dem Verlangen des Aktionsbündnisses gegen S 21 im Schreiben vom 30. Juni 2016 folgend – für Alternativen zum Bahnprojekt Stuttgart 21 zu entscheiden und seit Januar 2017 gemeinsam mit dem Beschuldigten Ziffer 2 auf dieser Linie den Umstieg von S 21 im Aufsichtsrat der DB AG im Vorfeld der Sitzungen des DBAufsichtsrats vom 22. März 2017 und in deren Verlauf abzusichern;

(2) durch die DB AG bei Stuttgart 21 gegenüber den insoweit beauftragten Bauunternehmern einen Bau-und Vergabestopp zu verhängen;

(3) mit den Projektpartnern des Finanzierungsvertrags zu S 21 vom 2.04.2009 über den Ausstieg und Umstieg von S 21 auf einen verbesserten Kopfbahnhof zu verhandeln, womit die Beschuldigten wissentlich in Kauf nahmen, den betreuten Bahnkonzern durch jede tägliche Investition des Weiterbaus von S 21 fortlaufend in hohem Maße zu schädigen, nämlich

a) bis zur geplanten Vollendung des Projekts um mindestens 4,5 bis 5 Milliarden Euro, die durch den Umstieg von S 21 vermeidbar sind,

b) durch Gefährdung der Betriebstauglichkeit wegen quellfähigem Anhydrit auf 20 km Tunnelstrecke mit unvermeidlichen schweren Schadensfolgen und Streckenstilllegungen,

c) durch Kapazitätsabbau um 30 % infolge der nur noch acht Durchgangsgleise im Tiefbahnhof (bisher 16 Kopfbahnhofsgleise) mit der Folge, dass dauerhaft die bisherigen und zukünftigen Verkehrsbedürfnisse durch die DB AG in der Metropolregion Stuttgart nicht mehr, allenfalls mit hohen Zusatzinvestitionen erfüllt werden können,

d) durch sechsfach regelwidrige überhöhte Gleis- und Bahnsteigneigung von 15 Promille Gleis- und Bahnsteiggefälle mit dauerhaft wiederkehrenden Verkehrsgefährdungen der Bahnreisenden besonders beim Fahrgastwechsel, obwohl sich dies strafrechtlich und nach dem Grundgesetz zum Schutz höchster Rechtsgüter von Leib und Leben der Menschen verbietet. Ein Vergehen der gemeinschaftlichen fortgesetzten Untreue nach § 266 StGB.

Begründung: Teil A: Zur Sachlage – Besonderheiten der vorliegenden Strafanzeige Vorbemerkung: Der jetzt vorgelegten Strafanzeige ist eine Parallelanzeige vom 15.02.2017 vorausgegangen ( Az 242 Js 258/17), welche die früheren Bahn-Vorstände Dr. Rüdiger Grube und Dr. Volker Kefer und den Aufsichtsratsvorsitzenden Prof. Dr. Utz-Hellmuth Felcht betrifft. Der darin dargestellte Sachverhalt und die Tatvorwürfe wegen Untreue wurden insoweit mit diesseitigem Schriftsatz vom 30.03.2017 wesentlich erweitert. Nachfolgend werden demgegenüber als Teil A die Besonderheiten der neuen Strafanzeige vorangestellt. Anschließend werden, verknüpft damit, die wesentlichen Tatvorwürfe erläutert (Teil B). Wegen des Sachzusammenhangs sind sodann im Teil C dieser Anzeige die Grundlagen der der Vorwürfe laut Strafanzeige vom 15.02.2017 und deren Schadensberechnung einbezogen, aber abschließend um die Auseinandersetzung mit neueren Contra-Argumenten erweitert. 3 Zum aktuellen Sachstand: Nachdem die ehemaligen Vorstände der Deutschen Bahn AG ausgeschieden waren, fiel es auf, dass ihre Nachfolger als neue Vorstände der DB AG die diesseits eindringlich vorgetragenen brennenden Einwände gegen den Weiterbau des Bahnprojekts Stuttgart 21 vollständig als nicht existent ignorierten. Das hat augenscheinlich damit zu tun, dass der neue Vorstandsvorsitzende Dr. Richard Lutz früher bereits als Finanzvorstand unter Verletzung der gerade ihm auch obliegenden Vermögensbetreuungspflicht die Vorstandsentscheidungen des alten Vorstands der DB AG mitgetragen hat – deshalb dafür auch mit verantwortlich zu machen ist – und auch der neue Infrastrukturvorstand Ronald Pofalla als Ex-Kanzleramtschef spätestens seit Dezember 2012 nachhaltig auf die Fortführung von S 21 trotz damals weggefallener Wirtschaftlichkeit eingewirkt hat. Wie sehr die Beschuldigten trotz der Tatvorwürfe auch jetzt noch ohne Wenn und Aber auf den Weiterbau von S 21 fixiert sind, zeigen folgende Vorgänge:

1. Das Aktionsbündnis gegen S 21 hat am 15.03.2017 durch seinen Sprecher dem Beschuldigten Ziffer 1 als dem damals geschäftsführenden Vorsitzenden des Vorstands der DB AG geschrieben und ihn ersucht, bei der Sitzung des DBAufsichtsrats alle diesseits erhobenen Einwände zur Geltung zu bringen und auf einen Umstieg von S 21 einzuwirken. Mit betroffen davon war der Beschuldigte Ziffer 2, weil er damals bereits für Infrastrukturfragen von S 21 verantwortlich war. Mit diesem Schreiben wurde den Beschuldigten zugleich das Schreiben an den BahnAufsichtsrat vom 10.03.2017 sowie nochmals die 48-seitige Broschüre Umstieg 21 vorgelegt. Beweis: Schreiben an Dr. Lutz vom 15.03.2017, Anlage A 1 2. Nach seiner Wahl als Vorstandsvorsitzender der DB AG vom 22.03.2017 hat der Beschuldigte Ziffer 1 in der Berliner Bilanz-Pressekonferenz vom 23.03.2017 auf die Frage eines dort anwesenden Journalisten erklärt: „Ich bin finster entschlossen, Stuttgart 21 zu Ende zu bringen“. Zugleich lehnte er – obwohl er erst einen Tag das neue Amt inne hatte – jegliche Prüfung eines Umstiegs von S 21 ab.

Beweis: Zeugnis von Herrn Henning Zierock, Am Lustnauer Tor 4, 72074 Tübingen https://www.youtube.com/watch?v=vU9YvhHB4z8 von Min 2.26 bis Min 3.30. „Finster entschlossen: Min 3.15 3. Der Beschuldigte Ziffer 2 hat die Haltung des Beschuldigten Ziffer 1 auf der BilanzPressekonferenz des Vorstands voll unterstützt und dahingehend ergänzt, man habe beim Anhydrit „alles im Griff“ mit eigenen Gutachten, womit er sich über die neueren Erkenntnisse von Wissenschaft und Technik aus dem vom Aufsichtsrat eingeholten KPMG/Basler-Gutachten (siehe unten S.5 ff., 14, 18 f.) hinwegsetzte. Außerdem werde er zu S 21 einen „internen Lenkungskreis“ einrichten, um mit der Termin- und Kostensituation zurecht zu kommen. Beweis: wie oben 4. Mit Schreiben vom 3.04.2017 hat das Aktionsbündnis dem Beschuldigten Ziffer 1 und mit Schreiben vom 5.04.2017 den Beschuldigten Ziffer 2 dazu aufgefordert, die 4 nochmals mitgeteilten wichtigen Gründe für den Umstieg von S 21 zu bedenken und sich bis zum 29. 04.2017 entsprechend zu erklären. Beweis: Vorlage der zitierten Schreiben A 2 und A 3 5. Die Beschuldigten haben darauf weder öffentlich noch nicht-öffentlich reagiert, wie der Unterzeichner anwaltlich versichert. Der Beschuldigte Ziffer 2 hat aber anlässlich einer Sitzung des Lenkungskreises zu S 21 vom Freitag, 28.04.2017, erklärt, dass er auf Alternativ-Vorschläge zu S 21 nicht öffentlich antworte. Beweis: StZ vom 27.04.2017, Anlage A 4 http://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.ronaldpofalla-zu-s-21-kosten- einvernehmliche-loesung-ist-moeglich.c7bf53d5-6227-4634-9c93- 6c3a04d07727.html Teil B: Die Tatvorwürfe bei Einbeziehung der Fakten aus der verschärften Strafanzeige vom 30.03.2017 I. Rechtliche Anforderungen der Strafanzeige Beim Tatvorwurf der Untreue kommt es für die aktienrechtliche Verletzung von Pflichten zur Vermögensbetreuung und damit auch strafrechtlich darauf an, was „ausschließlich am Unternehmenswohl orientiertes, auf sorgfältiger Ermittlung der Entscheidungsgrundlagen beruhendes unternehmerisches Handeln“ gebietet (BGHZ 135, 244, 253 f. zu § 93 Abs. 1 AktG; vgl. verknüpft damit zu § 266 StGB BGHSt. 50, 331 ff.). Die Aufgabe besteht darin, „alle verfügbaren Informationsquellen tatsächlicher und rechtlicher Art auszuschöpfen und auf dieser Grundlage die bestehenden Handlungsoptionen sorgfältig abzuschätzen und den erkennbaren Risiken Rechnung zu tragen“ (BGH-Beschluss vom 14.07.2008, NJW 2008, 3361).

Die „treupflichtwidrige Schädigung des anvertrauten Gesellschaftsvermögens“ ist unvereinbar mit Aktienrecht (§§ 93 Abs. 1 Satz 1, 116 Satz 1 AktG) und Strafrecht (§ 266 StGB, siehe BGHSt 50, 331 ff., Mannesmann-Urteil). Anerkannt ist die gesetzliche Treuepflicht der Vorstandsmitglieder einer AG gegenüber der Gesellschaft (vgl. Fischer, StGB-Kommentar, 61. Auflage 2014, § 266 Rn 48 m. Nachw.). Die Vermögensbetreuungspflicht der Aufsichtsräte einer AG (BGH 47, 187, 200; BGH 50, 331) findet besonders in der Überwachung der Geschäftsführung der Vorstandsmitglieder (§ 111 Abs. 1 AktG) Ausdruck, welche deren Sorgfaltspflichten nach § 93 AktG voraussetzt. Es entspricht der Überzeugung des Bahn-Vorstands, dass die „ausgeglichene Wirtschaftlichkeit“ von Stuttgart 21 „bis zu einem Gesamtwertumfang von 4.769 Mio. Euro gegeben ist“ (Vorlage des Vorstands an den Aufsichtsrat vom 10.12.2009, „Aktueller Sachstand Stuttgart 21“, S. 6 Ziffer 3 – Anlage 1 – diese und nachfolgende Anlagen im Rahmen von Teil B sind der Strafanzeige vom 15.02.2017 gegen Dr. Grube, Dr. Kefer und Prof. Dr. Felcht ( Az 242 Js 258/17) angefügt, deren Beiziehung beantragt wird). Nachdem der Finanzierungsvertrag vom 2.04.2009 die Kostenobergrenze von 4.526 Mio. Euro enthielt, entstand jedenfalls im Dezember 2012 eine „neue Lage“, als der Vorstand 1,1 Mrd. Euro selbst verschuldete Mehrkosten und 1,2 Mrd. Euro weitere Risiken eingestand 5 und seither die Unwirtschaftlichkeit des Projekts feststand. Mit dem Beschluss zum Weiterbau des Projekts vom 5. März 2013 ist der Aufsichtsrat dann allerdings dem Vorstand darin gefolgt, der Weiterbau des Projekts sei weniger schädlich als der Ausstieg. Dieser damals von der DB AG gezogene Vergleich der Weiterbau- und der Aus- bzw. Umstiegskosten ist auch heute notwendig. Das versteht sich im Sinne der nach § 266 StGB gebotenen Schadensvermeidung. Dies hat aber selbst das Bundeskanzleramt in dem vom Unterzeichner beim Verwaltungsgericht Berlin angestrengten UIG-Verfahren mit Schriftsatz vom 2.06.2015 Seite 15 für den Fall erneuter Kostensteigerung ausdrücklich anerkannt. Beweis: Schriftsatz S. 1, 15 f. Kanzlei Redeker, Sellner, Dahs, Anlage B 1 Zudem ist nach § 266 StGB festzustellen, ob die Beschuldigten eine Schädigung des Bahnkonzerns pflichtwidrig wissentlich und willentlich in Kauf genommen haben. II. Begründung der Tatvorwürfe Das Festhalten der Beschuldigten am Weiterbau von S 21 begründet gegen sie folgende Vorwürfe: 1. Der Weiterbau des Bahnprojekts S 21 verschleudert in jedem Falle Milliarden Euro zu Lasten des Bahnkonzerns DB AG. Die Variationsbreite zur Schadenshöhe reicht, wie in der Strafanzeige vom 15.02.2017 (S. 5-11) und unten S12 ff. ausgeführt, beginnend mit unserem Schreiben vom 22.02.2016 bis hin zum Schreiben vom 1.und 8.12.2016 – untermauert und als Anlage 32 nochmals aufgelistet – von drei bis über sechs Milliarden Euro, die sich durch einen Umstieg aus S 21 einsparen lassen. Die mildeste Schadensberechnung käme auf Basis des Termin- & Kostenberichts der DB AG, ihres Datenmaterials und ihrer Eingeständnisse vom Juni 2016 zustande mit dem Ergebnis von rund 3 Mrd. Euro. Realistisch und unumgänglich für einen zur Objektivität verpflichteten Betrachter erscheint es uns dagegen, die vom Bundesrechnungshof (BRH) im Bericht vom 8.09.2016 an das Bundesfinanzierungsgremium (BFG) zugrunde gelegten Kosten als wesentlichen Maßstab zu beachten. Denn dieses höchste grundgesetzliche Kontrollgremium hatte vor seiner endgültigen Prüfmitteilung die Einwände der Bundesregierung und der DB AG gehört, in seinen Schlussbericht einbezogen sowie auf einvernehmlicher Tatsachenbasis (S. 3 unten des Berichts an das BFG) nur teilweise andere Schlussfolgerungen gezogen. Auch wenn man abweichend vom BRH der DB AG darin folgen würde, Bauzeitzinsen als Herstellungskosten in Höhe von einer Mrd. Euro Kosten nicht einzubeziehen, lassen sich hiernach durch den Umstieg von S 21 sicher zumindest 4,5 bis 5 Mrd. Euro einsparen.

Die Beschuldigten Ziffer 1 und 2 haben sich darüber trotz aller diesseitigen Hinweise wissentlich hinweggesetzt und die Schadensfolge für den Bahnkonzern pflichtwidrig in Kauf genommen. 2. Tatsache ist, dass die für S 21 geplante Tunnelstrecke nach den Berechnungen des Ingenieurbüros Walter Wittke, der für die DB AG das Projekt betreibt, durch 20 km Untergrund mit um 60 % quellfähigem Anhydrit geführt werden muss. 6 Beweis: Fundstelle mit Bezug auf Wittke, in „Fragen und Antworten zu den Risiken in Tunneln mit quellfähigem Anhydrit“, Ziffer 3 b), Anlage 33 Anhydrit erzeugt für das Verkehrsprojekt schwerwiegende Nachteile – wie auf S. 2 Ziffer 2 g) der Strafanzeige vom 15.02.17 mit Anlage 22 (KPMG/Basler-Gutachten) erläutert – für die der Projektträger mit seinem Vermögen haftet. Zur Einstufung des daraus erwachsenden künftigen Sanierungsbedarfs und von Streckenstilllegungen nach etwaiger Inbetriebnahme ist rechtlich darauf abzustellen, dass ein sog. Gefährdungsschaden als Vermögensnachteil im Sinne der Untreue – bei objektiver Minderung des Gesamtvermögenswerts – gilt (vgl. BGH und BVerfG-Rspr., zitiert nach Fischer, StGB-Kommentar, 61. Aufl. 2014, § 263 Rn 156 ff. und § 266 Rn 150 ff.). Es steht nichts im Wege, die Vermögensminderung zu quantifizieren nach Bilanzierungsgrundsätzen, um festzustellen, in welcher Höhe eine Abschreibung oder Wertberichtigung möglich und erforderlich ist (siehe dazu Fischer aaO Rn 160).

Das KPMG/Basler-Gutachten (S. 52 u.a.) stellt nach dem Stand von Wissenschaft und Forschung ein „unüblich hohes, bautechnisch nicht beherrschbares Risiko für die Betriebstauglichkeit“ bei Anhydrit in den Tunneln fest. Der springende Punkt ist also: der Weiterbau von S 21 im Anhydrit fügt jetzt bereits der Bahn und den vom Projekt Betroffenen einen messbaren Vermögensnachteil im Sinne der Untreue zu, auch wenn die Dynamik der Schadensvertiefung und „Endgültigkeit“ der Schäden in späterer Zeit noch bevorsteht. Konkrete Schadensfolgen beschreibt auch der BRH – noch in Unkenntnis des Gutachtens von KPMG /Basler – im Bericht an das BFG S. 8 mit umfangreich erforderlichen Sicherungsmaßnahmen, z.B. Abdichtungsbauwerke und Injektionen zur Abdichtung des Tunnelrohbaus. Daran anschließend ist aber Anhydritquellen auch nach einem Fertigstellen des Tunnels zu erwarten, wie sowohl das Fazit von KPMG/Basler (S. 52) wie insbesondere die Forschungen von Prof. Dieter Kirschke (S. 3 Ziff. 6 der Anlage 33) ergeben, zumal Injektionen neue Risse und dadurch neue Wasserwegsamkeiten erzeugen können. Auch die DB AG kann die Schadensdimensionen von Anhydrit im Tunnel nicht bestreiten, denn sie beschäftigt kostentreibend das Ingenieurbüro Prof. Wittke, um bereits aufgetretenen Wassereintritten im Tunnel entgegenzuwirken. Das kann sie aber allenfalls sehr begrenzt leisten, wie KPMG/ Basler nach wissenschaftlichen Erkenntnissen bestätigen. Auf die Feststellungen S. 11 f. der Strafanzeige vom 15.02.17 ist Bezug zu nehmen und ergänzend der falschen These, man habe „alles im Griff“ entgegen zu halten: a) Für den unbefangenen Betrachter und im gerichtlichen Streitfalle eignet sich das Büro Wittke im Unterschied zu Prof. Georg Anagnostou und Bauing. Ernst Basler nicht als unabhängiger Gutachter, da er auf der Betreiberseite steht, die ein enormes wirtschaftliches Interesse am langjährigen Baufortgang hat. b) Bezeichnend ist: Tunnel im Anhydrit wurden in ihrer über hundertjährigen Geschichte bisher erst auf die Gesamtstrecke von 10 km gebaut, das ist die Hälfte der hier in Frage stehenden 20 km S 21-Tunnel, worin sich die fehlende Erfahrung zeigt.

Auch hat Ingenieurbüro Wittke keinesfalls ein spezielles und in der Praxis bewährtes Verfahren im Tunnelbau entwickelt, sondern arbeitet auf Datenbasis von Computermodellen allein aus dem Freudensteintunnel (siehe Anlage 33, S. 1), wogegen die geologische Lage im Stuttgarter Talkessel eine andere ist. Das zeigt sich am Wagenburgtunnel, der in der Nähe des geplanten Fildertunnels liegt 7 und der Sohlhebungen von 103 cm mit wiederkehrendem Sanierungsbedarf aufweist. c) Im Detail und wegen Quellenangaben verweise ich auf die vom Unterzeichner zusammen mit den Geologen Dr. Sierig und Dr. Laternser erstellten „Fragen und Antworten zu den Risiken in Tunneln mit quellfähigem Anhydrit“, die dem Schreiben an den Bahn-Aufsichtsrat als Anlage 2 und dem Schriftsatz vom 30.03.2017 zur früheren Strafanzeige als Anlage 33 beigefügt wurden. Deren Ergebnisse werden erweitert und vertieft durch einen Vortrag von Dr. Jakob Sierig vom 6.03.2017 in Stuttgart, der als Geologe über Anhydrit promoviert hat und bei der Geißlerschen „Schlichtung“ bereits als Experte beteiligt war. Der Vortrag wurde wegen des Umfangs digital vor dem 30.01.2017 den Bundesvertretern im Aufsichtsrat zu Händen des Parl. Staatssekretärs im Bundeswirtschaftsministerium MdB Uwe Beckmeyer übermittelt. d) Die Gutachter von KPMG/Basler haben am 1.02.2017 den Projektpartnern aus Stadt und Land in einem Sondertermin des Lenkungskreises zum Thema Anhydrit im Tunnel Rede und Antwort gestanden. Die Beschuldigten wurden darüber sicher informiert, haben aber jegliche Konsequenz daraus unterlassen, dass der Verkehrsminister des Landes Baden-Württemberg Winfried Hermann (Grüne) im Anschluss daran erklärte: es sei „katastrophal für die gesamte Region, wenn der Feuerbacher Tunnel saniert werden müsste“. Die damit verbundene Streckenstilllegung innerhalb des Bahnknotens Stuttgart wäre für die Wirtschaftsregion untragbar. Die unüblich hohen Risiken besonders für den geplanten Fildertunnel sind dabei noch gar nicht erfasst (siehe hierzu Anlage 33, Ziffer 4). e) Im Feuerbacher Tunnel sind bereits kürzlich Sohlhebungen von 1,3 cm (13 mm) festgestellt worden, die auf die Tunnelarbeiten zurückgehen. Beweis:http://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.lenkungskreis-zustuttgart-21-pofalla-relativiert-bedeutung-von-s-21.bd4f3d35-4368-4aeb-a9e9-, bfcb47cb3833.html Damit sind weitere Sohlhebungen durch nicht sicher beherrschbares Quellen von Anhydrit in solchen zentralen Zufahrtstrecken innerhalb der Metropolregion Stuttgart und daraus zu erwartende Streckenstilllegungen unvermeidlich. Insbesondere besagt der Umstand, dass die aufgetretene Quellung zum Stillstand gekommen sein soll, nichts, weil sich die Quellungen jederzeit, auch noch nach Jahren und Jahrzehnten, wieder fortsetzen können. Beweis: Vernehmung des Sachverständigen Prof. Dr. Dieter Kirschke, Ettlingen, unter Verweis auf die als Anlage 33 zur Strafanzeige vom 15.02.2017 vorgelegten „Fragen und Antworten zu den Risiken in Tunneln mit quellfähigem Anhydrit“, dort Ziffer 6 mit Auswertung eines Vortrags von Prof. Kirschke an der ETH Zürich von 2014; Dr. Jakob Sierig, dessen ladungsfähige Anschrift mitgeteilt werden kann KPMG/Basler haben je Einzelfall bei über 10 cm Sohlhebungen einen Schaden als Sanierungsaufwand von 195 Mio. Euro (ohne den Ausfallschaden durch Streckenstilllegungen) ermittelt (S. 50 des KPMG/Basler-Gutachtens). 8 Die Beschuldigten haben durch Untätigkeit die Schädigung des Bahnkonzerns durch Anhydrit in S 21-Tunnels wissentlich in Kauf genommen. 3. S 21 würde ferner durch Halbierung der Gleise auf nur noch acht unterirdische Gleise die Kapazität des Bahnknotens Stuttgart um 30 % verringern und der DB AG auch dadurch eine pflichtwidrige sichere Vermögensschädigung zufügen. Im Einzelnen nehme ich insoweit Bezug auf die grundlegenden, sehr genauen Erläuterungen von Dr. Christoph Engelhardt – Anlage 34 – des Schriftsatzes vom 30.03.2017 zur Strafanzeige vom 15.02.2017, deren Beiziehung ich beantrage. Es wird insbesondere durch Aussagen von Prof. Heimerl und Dr. Kefer nachgewiesen, dass S 21 – siehe die zitierte Anlage, Ziffer 6 Seite 6 – keinen Kapazitätszuwachs herbeiführen kann und somit keinen Nutzen schafft (s. auch aaO Seite 8 ff.). Schwer wiegt auch die vernichtende Kritik an dem zuletzt als vermeintlichem Leistungsnachweis angeführten Stresstest durch die internationale Kapazität Prof. Ingo Hansen (aaO S. 10). Erst recht erweist sich der Kapazitätsabbau um 30 %, der nach allen Erkenntnissen bei S 21 infolge der Halbierung der Gleise unvermeidlich ist, als illegal, wie aus §§ 11, 23 AEG folgt. Ergänzend ist die Pflichtwidrigkeit des Weiterbauens von S 21 durch gravierenden Rückbau der Leistung auch auf Art. 87 e Abs. 4 GG zu untermauern: Maunz-Dürig-Möstl, ein führender Grundgesetz-Kommentar (78. Ergänzungslieferung Sept. 2016, Rn 185 zu Art. 87 e GG) folgert konkret aus der Verfassungsnorm zum Umfang der notwendigen Grundversorgung, „was den Zuschnitt des Schienennetzes betrifft – …. den … Auftrag, den Verkehrsbedürfnissen Rechnung zu tragen“, wie speziell im Infrastrukturbereich mit dem zusätzlichen Attribut „beim Ausbau und Erhalt des Schienennetzes“ Ausdruck finde. Weiter heißt es dort: „Deutlich wird damit, dass im Bereich der Netzinfrastruktur …der bisherige Status quo … durchaus ein Orientierungspunkt dafür sein soll, was unter angemessener Grundversorgung zu verstehen ist. … Art. 87 e Abs. 4 Satz 1 ist offen für Anpassungen des Netzes an gewandelte Verkehrsbedürfnisse; einem einseitigen und kontinuierlichen Abbau des Schienennetzes indes setzt er Grenzen.“

Sicher ist daher jedenfalls, dass die Gewährleistungspflicht des Bundes für das Schienennetz durch Abwägungsfehler (vgl. dazu Maunz-Dürig-Möstl aaO, Rn 183 zu Art. 87 e) in starkem Maße verletzt wird, wenn die Infrastruktur der Schiene mit Milliardenaufwand der staatseigenen DB AG entgegen den Verkehrsbedürfnissen einer Metropolregion nicht ausgebaut und erhalten, sondern abgebaut wird. Es ist daher eine unverzeihliche Fehlentscheidung, ein Verkehrsprojekt zu betreiben, das sowohl unwirtschaftlich ist als auch die Verkehrsleistung herabsetzt und gefährdet. Nicht widerlegbar muss den Beschuldigten ferner aufgrund ihrer Sorgfaltspflichten für den Bahnkonzern bekannt sein, dass S 21 durch die angestrebte Beseitigung der Kopfbahnhofgleise mit Reduzierung auf unterirdische acht Durchfahrtgleise einen schwerwiegenden Leistungsabbau erzeugt, wie der Vergleich mit anderen Städten zeigt:

Stuttgart mit 605000 Einwohnern soll mit 8 Kopfgleisen plus 2 S Bahn-Durchfahrgleisen auskommen. Das entspricht Freiburg i. Br. mit 10 Durchfahrtgleisen bei nur 230000 Einwohnern. Karlsruhe mit 300000 Einwohnern hat 14 Durchfahrgleise und 2 Kopfgleise In Nürnberg mit 499000 Einwohnern gibt es einen Bhf mit 21 Durchfahrgleisen 9 Augsburg mit 277000 Einwohnern weist 9 Durchfahrgleise und 7 Kopfgleise auf Bietigheim-Bissingen als Kleinstadt mit 42000 Einwohnern hat 8 Durchfahrgleise

Damit ist ersichtlich, dass S 21 einen höchst unverantwortlichen, den Bahnkonzern und die Bahnreisenden dauerhaft schädigenden Engpass für das Schienennetz hervorrufen wird. Die Beschuldigten sind durch das auch ihnen übermittelte Schreiben vom 10. März 2017 eindringlich auf den pflichtwidrigen Leistungsabbau durch S 21 hingewiesen worden. Sie haben sich dennoch darüber hinweggesetzt und in Kauf genommen, dass die von ihnen zu betreuende DB AG dadurch geschädigt wird. 4. Die Gleis- und Bahnsteigneigung des Tiefbahnhofs von über 15 Promille wird das Wegrollen von Zügen und dadurch eine erhöhte Gefährdung der Menschen besonders beim Fahrgastwechsel hervorrufen . Es ist einzigartig – zumal für einen Neubau –, dass S 21 um das Sechsfache von der regulären Obergrenze von 2,5 Promille des §7 Abs. 2 EBO abweichen und damit den „Nachweis gleicher Sicherheit“ des § 2 Abs. 2 EBO im Vergleich zu horizontaler Ebene konterkarieren soll.

In China ist diese Absicherung für Gleise in Bahnhöfen, in denen Hochgeschwindigkeitszüge halten, vorgeschrieben, was auch die Bundesregierung für „anstrebenswert“ hält (siehe das Ende der Antwort auf die Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE, BT-Dr. 18/5366 – Anlage 35 -). Nach Auskunft des Bundesverkehrsministeriums (BMVI) vom 14.07.2015 sind im Kölner Hauptbahnhof mit 3,6 bis 6,8 Promille Gleisneigung vom 18.03.2010 bis 18.01.2015 insgesamt 22 Wegrollvorgänge mit acht leicht verletzten Personen registriert worden. Von der DB AG erteilte Empfehlungen zur Vermeidung solcher Vorfälle haben erkennbar nicht gefruchtet (Nachweise Anlage 35). Die unterirdischen Gegebenheiten haben für die Planung von S 21 ausgelöst, dass auf der Nordseite die S-Bahn überquert und auf der Südseite die Stadtbahn unterquert werden muss. Damit entstehen „Zwangspunkte“, die eine Außerachtlassung von Sicherheitsregeln zum vorbeugenden Gefahrenschutz ermöglichen sollen, statt den Maßstab vorbeugenden Gefahrenschutzes für Leib und Leben der Menschen als höchsten Maßstab des Grundgesetzes zur Geltung zu bringen. Deshalb sind sogar rechtmäßig ergangene Planfeststellungsbeschlüsse nach § 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 VwVfG widerruflich (VGH Mannheim 5 S 2429/12, Urteil vom 3.07.2014, juris Rn 55 mit weit. Nachweisen, vgl. auch BVerfG 49, 24; 128, 282). Nach Naturgesetzen muss eine gegenüber § 7 Abs. 2 EBO sechsfach erhöhte Gleisneigung – zumal bei der hohen Gleitfähigkeit und Hangabtriebskraft moderner Züge – ein Wegrollen des Zugs und eine erhöhte Gefährdung besonders beim Fahrgastwechsel erzeugen. Das ist offenkundig, aber auch durch oben zitierte Auskunft der Bundesregierung und wissenschaftlich nachgewiesen ist (Gutachten Sven Andersen vom 4.10.2014, im Internet abrufbar). Im Vergleich zum Kölner Hauptbahnhof würde der S 21-Tiefhaltepunkt ein Mehrfaches der Schiefebene und daher auch eine erhöhte Gefahrenlage verursachen. Insoweit hat Dr. Engelhardt als Gutachter im Dt. Bundestag am 14.03.2016 im Konfliktfall sogar einen 36-fachen Schaden wie bei einem Bau nach EBO für möglich gehalten sowie besonders kritische Gefährdungen auch mit Fremdverkehr ermittelt. 10 Hinzu kommt, dass Kinderwagen nachweisbar auf Bahnsteigen mit regelwidrig hohem Gefälle lebensgefährdend ins Gleis zu rollen drohen, womit die gesetzliche Anforderung gleicher Sicherheit sogar schon zu Lasten von Eltern mit besonders schutzbedürftigen Kleinkindern missachtet wird (siehe Protokoll bundestag.de zum Thema „Änderung der Eisenbahnbau-und Betriebsordnung zur Erhöhung der Sicherheit im Eisenbahnverkehr“).

Langfristig würde damit die Grundlage geschaffen für beständig wiederkehrende Vergehen der fahrlässigen Gefährdung des Bahnverkehrs durch Beeinträchtigung der Betriebssicherheit entgegen § 315 Abs. 1 Nr. 4 StGB. Solche Straftat ist mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren bedroht. Der Gesetzgeber verlangt also zwingend, alles zu tun, um gerade derartige vermeidbare Gefahrenlagen nicht entstehen zu lassen und sich keinesfalls einer Planung zu beugen, die sich mit „Zwangspunkten“ über rechtliche Anforderungen hinwegsetzt. Daraus erwächst eine Rechtspflicht der Beschuldigten, zum vorbeugenden Gefahrenschutz für höchste Verfassungsgüter von Leib und Leben der Bahnreisenden, das Projekt S 21 nicht weiter zu bauen und bei Einsparung von Milliarden Euro Kosten den Umstieg von S 21 einzuleiten. Die beschriebene Lage muss sich selbst bei einem unzulässigen Weiterbau für das Vermögen der DB AG auf die Nutzungsdauer von S 21 wertmindernd und haftungsbegründend auswirken. Auch auf alle vorstehenden Einwände, die sich sogar auf die gesicherten Erkenntnisse des Bundesverkehrsministeriums stützen, sind die Beschuldigten mit diesseitigem Schreiben vom 15. bzw. 10. März 2017 eindringlich hingewiesen worden.

Die Tatverdächtigen haben sich darüber dennoch wissentlich hinweggesetzt und dadurch die Schädigung zu Lasten der DB AG in Kauf genommen. Teil C : Weitere Grundlagen der Tatvorwürfe – orientiert an der Strafanzeige vom 15.02.2017 – und zu einigen Contra-Argumenten I.

Zur Vorgeschichte Im Finanzierungsvertrag (FinV) der Deutschen Bahn AG und ihrer Eisenbahninfrastrukturunternehmen (EIU) vom 2.04.2009 mit dem Land Baden-Württemberg, der Landeshauptstadt Stuttgart, der Flughafen Stuttgart GmbH und dem Verband Region Stuttgart waren Kosten des Projekts von 3,076 Milliarden Euro vorgesehen zuzüglich eines Risikopuffers von maximal 1,45 Mrd. Euro, das ergab den „Kostendeckel“ von 4,526 Mrd. Euro. Für den „unwahrscheinlichen“ Fall der Überschreitung dieser Kostenobergrenze sieht § 8 Abs. 4 FinV nur eine „Sprechklausel“ vor, dass darüber Verhandlungen zu führen seien, ohne dass eine zusätzliche Pflicht zur Finanzierung des Projekts vereinbart wurde. Beweis: Finanzierungsvertrag vom 2.04.2009 – Anlage 2 – die Nummernfolge der Anlagen im Kapitel C bezieht sich auf die Strafanzeige vom 15.02.2017 – deren Beiziehung wird beantragt wird – und wird daher beibehalten Die anschließend im Jahr 2009 ins Amt gekommenen Bahn-Vorstände Dr. Rüdiger Grube (ausgeschieden am 30. 01.2017) und Dr. Volker Kefer (ausgeschieden zum 31.12.2016) 11 erkannten nach Amtsbeginn, dass der Vertrag auf veralteten Daten beruhte. Eine deshalb veranlasste sorgfältige Neuberechnung kam auf 4,979 Milliarden Euro Projektkosten. Bei Kenntnis dieser Lage hätten die Vertragspartner nach § 2 FinV noch vor Jahresende 2009 das Projekt kündigen können. Um das zu vermeiden, veranlassten die Beschuldigten Ziffer 2 und 3 eine „grobe Schätzung“ von „Einsparpotentialen“ in Höhe von 891 Mio. Euro, die „ohne vertiefte Planung“ angesetzt wurden und die damit die Projektkosten auf rund 4,1 Mrd. Euro absenkten. Beweis: Dokument der DB AG an den Bahn-Aufsichtsrat vom 10.12.2009 – Anlage 1 – S. 4 f. Drei Jahre später, am 12.12.2012 gestanden die Bahn-Vorstände aufgrund eines Gutachtens der Wirtschaftsprüfer von PwC ein, dass das Projekt bis zu 2,3 Milliarden Euro Mehrkosten erwarten ließ, wovon jedenfalls 1100 Millionen Euro eine selbst verschuldete „Kalkulationsdifferenz für nicht budgetierte Leistungen und nicht realisierbare Planansätze“ aufwies. Beweis: DB-Dokument vom 12.12.2012 – Anlage 3 – Das Projekt stand deshalb vor dem Ende.

Ein Dossier aus dem Bundesverkehrsministerium von Anfang Februar 2013 sprach sich vorbereitend für einen Workshop der Staatssekretäre der Bundesregierung im Bahn-Aufsichtsrat S. 4 ff. dafür aus, Alternativen zum Projekt bis hin zum Ausstieg ernsthaft zu prüfen, um den Schaden des Bahnkonzerns zu minimieren (S.4). Es heißt auch (S. 8): „Allein aus der realistischeren Veranschlagung der Planfeststellungsdauer ergibt sich nach Angaben der DB AG ein zusätzlicher Verzug von 32 Monaten, d.h. die Inbetriebnahme würde sich von 2021 auf 2024 verschieben“. Und es wird S. 9 die Prüfung angemahnt, ob der Vorstand der DB AG seine Pflichten wegen Falschunterrichtung des Aufsichtsrats verletzt habe und dass das Eingeständnis des Vorstands, für Mehrkosten von 1,1 Mrd. Euro verantwortlich zu sein, dessen Haftung begründen könne, die insbesondere gegenüber Vorständen „zu verorten ist“. Beweis: Informations-Workshop der DB AG für die AR-Vertreter am 5.02.2013 – Anlage 4 – Online-Bericht der Stuttgarter Zeitung (Thomas Wüpper) vom 5.02,2013 – Anlage 5 – Das Bundeskanzleramt (BKA) war durch den Vorgang auf das Äußerste alarmiert.

Auf Seite 3 seines Vermerks an die Bundeskanzlerin vom 5.02.2013 heißt es: „Hintergrund für die aktuelle Berichterstattung, die Bundesvertreter im AR der DB AG sähen die Kostenentwicklung äußerst kritisch und drängten auf einen Ausstieg aus dem Projekt“ Beweis: Vermerk des BKA – Anlage 6 – In der zweiten Februarhälfte bis zum Termin des Bahn-Aufsichtsrats vom 5.03.2013 kam es daraufhin zu massiver politischer Einflussnahme, das Projekt müsse unbedingt weitergebaut werden. Das BKA hat dies in einem Gerichtsverfahren eingeräumt. 12 Beweis: Klagebegründung des Anzeigeerstatters Ziffer 1 vom 25.02.2015, S. 9-11, im Verfahren nach UIG bestätigt im Schriftsatz der Kanzlei Redeker, Sellner, Dahs des BKA vom 2.06.2015, S. 2 , auszugsweise beigefügt laut Anlagen 6a und 6b, Schriftsätze vollständig unter www.strafvereitelung.de Aufgrund dieser Einflussnahme beschloss der Bahn-Aufsichtsrat am 5. März 2013 u.a., den Finanzrahmen des Projekts um zwei Milliarden Euro auf 6,526 Mrd. Euro zu erhöhen, den Vorstand in jeder Sitzung des Aufsichtsrats über die Kosten und Risiken des Projekts berichten zu lassen und damit den Weiterbau von S 21 freizugeben. Beweis: Beschluss des Bahn-Aufsichtsrats – Anlage 7 – II. Zur neueren Entwicklung und Schadensermittlung 1. Mitte Dezember 2015 überbrachte das Aktionsbündnis gegen „Stuttgart 21“, vertreten durch seinen Sprecher, dem Vorstand und den 20 Aufsichtsräten der Deutschen Bahn AG anlässlich deren Sitzung in Berlin das Gutachten der VIEREGGRÖSSLER GmbH zur Aktualisierung der Projektkosten. Es kam zu seriös ermittelten Kosten des Bahnprojekts von 9,8 Milliarden Euro. Das sind rund 5 Milliarden Euro oberhalb der 2009 von der DB AG ermittelten Wirtschaftlichkeitsgrenze von 4,769 Mrd. Euro. Beweis: Aktualisierung der Baukosten-Prognose von 2008 für das Projekt Stuttgart 21 der VIEREGG-RÖSSLER GmbH vom 15.12.2015 – Anlage 8 – Dokument der DB vom 10.12.2009, S. 6 zur Wirtschaftlichkeit (Anlage 1) 2.

Mit Schreiben vom 22. Februar 2016 übersandte das Aktionsbündnis allen Aufsichtsräten das Folgegutachten, wonach der Ausstieg aus S 21 je nach möglichen Alternativlösungen 5,9 bis 7,9 Milliarden Euro einsparen würde. Beweis: Schreiben vom 22.02.2016 – Anlage 9 – , weiteres Gutachten – Anlage 10 – Der Bahn-Aufsichtsrat entschied daher bei der Sitzung Mitte März 2016, selbst ein Gutachten speziell zu den Kosten in Auftrag zu geben. 3. Anfang Juni 2016 gab der Bahn-Vorstand – also auch der Beschuldigte Ziffer 1 – zu, dass eine zweijährige Bauzeitverzögerung eingetreten und der 2013 um zwei Milliarden Euro erhöhte Finanzrahmen bis auf 15 Mio. Euro ausgeschöpft sei. Unter der Überschrift „Bahn-Aufsichtsrat maximal verärgert“ berichtete die Stuttgarter Zeitung am 6. Juni 2016 über die sehr zugespitzte Situation: „Die Kosten kratzen … an der Gesamtsumme von 6,526 Milliarden Euro. Sie liegen nur noch 15 Millionen Euro unter der absoluten Obergrenze. Und das siebeneinhalb Jahre vor der Fertigstellung, die voraussichtlich erst Ende 2023 sein wird.“ Beweis: Bericht der Stuttgarter Zeitung vom 6.06.2016 (K. Schwarz) – Anlage 11 – Die Wahrscheinlichkeit, dass der gesamte Finanzrahmen nicht eingehalten werde, sei laut Aussagen aus dem Aufsichtsrat „sehr groß“. Zwar verweise der Bahn-Vorstand 13 auf „Gegensteuerungsbedarf“ von 524 Millionen Euro. Schon 2009 habe man aber mit rund 900 Millionen Euro Einsparmöglichkeiten operiert, obwohl es sich nicht realisieren ließ. Auch jetzt seien die Vorschläge vage. Beweis: wie oben Das wird auch vom Bundesrechnungshof (siehe Anlage 19, S.9 unten) gerügt. Mit dem genannten minimalen Kostenpuffer weitere siebeneinhalb Jahre der mutmaßlichen Bauzeit auszukommen, ist auch deshalb nicht nachvollziehbar illusionär, weil bei diesem Bauprojekt in den vorangehenden sieben Jahren eine Kostensteigerung um etwa 3,4 Mrd. Euro (von 3,076 auf 6,511 Mrd.) aufgetreten ist. Legt man diese Kostensteigerung auch für die Zukunft zugrunde, dann bestätigen sich die Kostenschätzungen von VIEREGG-RÖSSLER und des Bundesrechnungshofs. Treffend schreibt die Stuttgarter Zeitung daher (aaO): „Eine erneute Milliardenlücke ist für das hoch verschuldete Unternehmen Bahn brandgefährlich. Die S-21-Mitzahler Bund und Land haben kategorisch erklärt, sich nicht weiter zu beteiligen. Auch Stadt und Region Stuttgart sowie der vom Land kontrollierte Flughafen werden sich weigern …“

Am 14. Juni 2016 verkündete die DB AG – Presseinformation 054/16 – erkennbar in Zusammenhang mit der Verärgerung des Aufsichtsrats über diese S 21-Turbulenzen, dass der Vertrag des Infrastruktur-Vorstands Volker Kefer vorzeitig zum Jahresende 2016 beendet werde. 4. Das Aktionsbündnis hat sodann mit Schreiben vom 30. Juni 2016 von den Bahnvorständen Grube und Kefer verlangt, sie sollten im Laufe des Monats Juli 2016 den sofortigen Bau- und Vergabestopp verhängen und beim Aufsichtsrat dafür eintreten. Zur Begründung dafür wird die Kostenkalkulation der Bahn vom Juni 2016 zugrunde gelegt und festgestellt, dass von Projektkosten von 6,511 Mrd. Euro Kosten des Ausstiegs von 1,9 Mrd. Euro laut Grafik Dr. Vieregg abzuziehen seien. Selbst wenn man außerdem für die Modernisierung des Kopfbahnhofs – damals nicht gutachtlich untermauert – weitere 2,2 Mrd. Euro zu Gunsten der DB AG einbeziehen wollte, bliebe der Umstieg um 2,4 Mrd. Euro günstiger als der Weiterbau von S 21. Beweis: Schreiben vom 30. Juni 2016 – Anlage 12 – Auch dieser Vorgang muss den Beschuldigten aufgrund ihrer vorausgegangenen Tätigkeit im Konzern und als Nachfolgern von Dr. Grube und Dr. Kefer bekannt sein. e) Das Aktionsbündnis hat den Vorständen der DB AG am 18.07.2016 ein Gesprächs- angebot – bei Aussetzung rechtlicher Schritte – unterbreitet und ihm sowie sämtlichen Aufsichtsräten – siehe das Schreiben vom 2.08.2016 – die Broschüre Umstieg 21 übersandt und unterstrichen, dass dadurch mindestens sechs Milliarden Euro einzusparen sind. Beweis: Umstiegsbroschüre – Anlage 13 -, zitierte Schreiben, Anlagen 14 und 15 14 Statt dem zur Schadensminimierung Folge zu leisten, hat Bahnchef Grube Mitte September 2016 bei der so bezeichneten Grundsteinlegung für S 21 behauptet, das Projekt sei unumkehrbar. Zu dieser Zeit waren bereits Meldungen über den lange erwarteten Prüfbericht des Bundesrechnungshofs zu S 21 durchgesickert, das eigene Gutachten von KPMG/Basler stand noch aus. Das Aktionsbündnis gegen S 21 hat daher der Bundeskanzlerin mitgeteilt, die Aussage, das Projekt sei „unumkehrbar“, sei ein „Affront und eine geradezu typische Verfälschung der Faktenlage“, denn: „In Wahrheit ist das Projekt nicht allein planerisch nicht zukunftsfähig, sondern auch finanziell durch eine Kostensteigerung auf inzwischen zehn Milliarden Euro gescheitert, weil dafür kein Kostenträger aufkommen kann und will und S 21 damit auf eine Investitionsruine zusteuert … Der BRH bekräftigt, dass es dem Bund nach Haushaltsrecht gemäß § 44 BHO verboten ist, ein nicht finanziertes Großprojekt zu fördern …“. Beweis: Schreiben vom 19.09.2016 – Anlage 16 -, Online Schwäbische v, 15.09.2016 „Stuttgart 21: Ohrfeige vom Rechnungshof für Dobrindt“, Anlage 17 f) Die Berichte des Bundesrechnungshofs (BRH) widersprachen Herrn Grube diametral, nannten Kosten von rund 9,5 Milliarden Euro und betonten, ein nicht finanziertes Projekt dürfe nicht gefördert werden. Das hieß zu Ende gedacht, dass der Umstieg von S 21 notwendig gewesen wäre (die heiklen Zahlen enthält vor allem der vertrauliche Bericht an das Bundesfinanzierungsgremium, abgekürzt BFG).

Das Aktionsbündnis hat zu der „neuen Lage“ nach den Berichten des BRH mit dem Schreiben vom 28.09.2016 Stellung bezogen, denn dieser unterstrich, „die dringende Notwendigkeit, der Wirtschaftlichkeit des Projekts … die besondere Aufmerksamkeit zu widmen“, nannte aber auch schwerwiegende Funktionsmängel, die sich kostensteigernd auswirken oder zum Scheitern des Projekts führen können – insgesamt Faktoren, die von der DB AG immer wieder ausgegrenzt wurden. Beweis: Schreiben vom 28.09.2016 – Anlage 18 -, BRH an BFG, Anlage 19 Mit weiterem Schreiben des Aktionsbündnisses vom 1.12.2016 wurde u.a. auf folgende Faktoren hingewiesen, die von der DB AG bisher übergangen wurden: 600 Mio. Euro für Nachtragsrisiken, bei denen die Bahn von eigenen Erfahrungswerten abweicht (BFG-Bericht, S. 8), 130 Mio. Euro für fälschlich angenommene Einsparungen für dünnere Tunnelwände im sog. unausgelaugten Gipskeuper, 300 Mio. Euro Mehrkosten für Zeitverzögerung, weitere 100 Mio. Euro für diverse Mehrkosten sowie 200 Mio. Euro für nicht realisierbare Einsparungen, die näher präzisiert werden (zu weiterer Konkretisierung siehe unten S.10 III Ziffer 1 b)). Beweis: BFG-Bericht, Anlage 19, S. 6-11, Schreiben vom 1.12.2016, Anlage 23, S. 4-6 Der BRH hat dabei auch betont, die DB AG habe „die vom Bundesrechnungshof festgestellten Sachverhalte bestätigt“, sie sei nur dessen Schlussfolgerungen und Bewertungen nicht gefolgt (S. 2 f. des BFG – Berichts). Die vom BRH ermittelten Fakten sind also für die gebotene Strafverfolgung als zutreffend zugrunde zu legen. 15 Sehr bemerkenswert sind auch die Einwände des BRH, es bleibe offen, „ob es gelingen wird, für die planfestgestellten erheblichen Längs- und Querneigungen der Gleise und Bahnsteige im neuen Tiefbahnhof eine Betriebsgenehmigung zu erhalten“ (S. 14 des BFG – Berichts). Beweis: Vorlage der Berichte des Bundesrechnungshofs vom 8.09.2016 – Anlagen 19 und 20 – , dazu auch SWR-Bericht vom 29.09.2016 – Anlage 21 – ; Schreiben vom 1.12.2016 – Anlage 24 – g) Seit Anfang Oktober liegt den Aufsichtsräten und dem Vorstand das vom Bahn – Aufsichtsrat selbst in Auftrag gegebene KPMG/Basler-Gutachten vor mit dem Ergebnis: Es bestehen erhebliche, nicht quantifizierte Kostenrisiken oberhalb von 6,5 Mrd. Euro auch wegen möglicher Bauverzögerungen durch bautechnisch nicht beherrschbare „unüblich große Risiken für die Betriebstauglichkeit“(S.52) durch quellfähigen Anhydrit in über 15 km S 21-Tunneln. Beweis: Gutachten KPMG/ Basler – Anlage 22 –

Der Aufsichtsrat wich der Entscheidung aus. Auf der Sondersitzung vom 13. Oktober 2016 vertagte er sich und teilte mit, es müsse noch ein Abgleich zwischen dem Bericht des BRH und dem (von der DB AG geheim gehaltenen) Gutachten von KPMG/Basler vor der nächsten Sitzung erfolgen. Das Bundeskanzleramt teilte dem Sprecher des Aktionsbündnisses als Antwort auf das oben – Anlage 16 – erwähnte Schreiben vom 19.09.2016 im Auftrag der Bundeskanzlerin mit, sie unterstütze, „dass die Vertreter des Bundes im Aufsichtsrat der Deutschen Bahn AG gewissenhaft ihrer Aufgabe nachkommen“. Beweis: Schreiben des Bundeskanzleramts vom 6.12.2016 – Anlage 23 – h) Die nächste ordentliche Sitzung des Bahn-Aufsichtsrats fand am 14. Dez. 2016 statt. Im Vorfeld dazu hat das Aktionsbündnis dem Bahn-Aufsichtsrat daher mit Schreiben vom 1. und 8. 12 2016 sehr genau dargestellt, warum jetzt in jedem Falle den schon mit Schreiben vom 22. Februar 2016 gestellten Forderungen entsprochen werden müsse, den Bau- und Vergabestopp für Bauarbeiten zu S 21 zu verhängen und mit den Projektpartnern über die Art und Weise des erforderlichen Umstiegs von S 21 Verhandlungen aufzunehmen. Beweis: Schreiben vom 1.12.2016 und vom 8.12.2016 – Anlagen 24 und 25 – Auf den gesamten Inhalt dieser Schreiben ist Bezug zu nehmen. Daraus geht zwingend hervor, dass die am 13. Oktober bereits vertagte Weichenstellung für den Umstieg von S 21 jedenfalls in der ordentlichen Sitzung am 14.12.2016 hätte erfolgen müssen. Besonders hinzuweisen ist auch auf die Initiative der Bundesfachleutegruppe Bürgerbahn statt Börsenbahn (BsB), der 20 prominente Kenner der Materie angehören. Sie haben sich ebenfalls rechtzeitig vor der Sitzung vom 14.12.2016 an 16 alle 20 Aufsichtsräte gewendet und eine umfangreiche, von hohem Sachverstand geprägte Expertise zum KPMG/Basler – Gutachten vorgelegt. Auch daraus geht hervor, dass der Umstieg von S 21 unaufschiebbar notwendig ist. Beweis: Schreiben von Bürgerbahn statt Börsenbahn vom 9.12.2016 und der Ausarbeitung des Verkehrsexperten Dr. Winfried Wolf, Anlagen 25 a und 25 b i) Der Bahn-Aufsichtsrat hat aber am 14.12.2016 aus ungeklärten Gründen keine Entscheidung getroffen. Er bestimmte nur eine Sondersitzung auf den 30. Januar 2017. Im Vorfeld dazu hat das Aktionsbündnis dem Aufsichtsrat am 20.01.2017 – verbunden mit Fragen und Antworten zu den Risiken in Tunneln mit Anhydrit – und den drei Bundesvertretern aus dem Wirtschafts-, Finanz- und Verkehrsressort am 24.01.2017 zwingende Gründe für den Umstieg von S 21 dargelegt. Beweis: Schreiben vom 20. 01. 2017 – Anlage 26 – dazu „Fragen und Antworten zu den Risiken in Tunneln mit quellfähigem Anhydrit“, Anlage 27 und Schreiben vom 26.01.2017, Anlage 28 Nachforschungen ergaben aber, dass in dieser Sondersitzung Bahnchef Grubes Vertragsverlängerung auf der Tagesordnung stand, nicht aber S 21. Es kam zur sofortigen Vertragsauflösung von Bahnchef Grube, jedoch erneut zu keiner Sachentscheidung über S 21. Die nächste ordentliche Sitzung des Bahn-Aufsichtsrats wurde auf den 22. März 2017 angesetzt. 5. Fazit: Der Bahn-Vorstand und dessen Aufsichtsrat haben S 21 weiterbauen lassen im Wissen um die ungünstigen Fakten des Berichts der DB AG vom Juni 2016, wonach die Projektkosten nach eigener Ermittlung auf 6,511 Mrd. Euro angestiegen sind und eine zweijährige Bauzeitverzögerung besteht. Die mit diesseitigem Schreiben vom 30. Juni 2016 für den Monat Juli 2016 Herren Dr. Grube und Dr. Kefer als Vorständen gesetzte Frist, den Bau- und Vergabestopp für das Bauprojekt S 21 zu verhängen, wurde nicht eingehalten. Außerdem hat der Bahn-Aufsichtsrat seit Mitte Oktober 2016 und in den folgenden Sitzungen in Kenntnis der gutachtlich bescheinigten und vom Aktionsbündnis aufgeführten Tatsachen keinen Bau- und Vergabestopp zu S 21 verhängt und keinen Auftrag erteilt zu prüfen, welche Weiterbau-Kosten den Ausstiegs- bzw. Umstiegskosten gegenüberstehen, obwohl dafür gutachtlich exakt 6,45 Milliarden Euro durch Verkehrsberatung VIEREGG/RÖSSLER GmbH als Ersparnis ermittelt worden waren. Damit haben diese ehemaligen Vorstände sehenden Auges in Kauf genommen, dass der Bahnkonzern durch den Weiterbau fortlaufend geschädigt wird mit Folgen, die auf Dauer äußerst schwerwiegend sind. Selbst die Berechnung der Bahn zugrunde gelegt, wäre der Schaden noch über drei Milliarden Euro, wie den Bahn-Aufsichtsräten im Schreiben des Aktionsbündnisses vom 8.12.2016 erläutert wurde. Unverständlich ist auch, wie es der Vorstand und der Aufsichtsrat der DB AG zulassen können, ständig die noch in § 2 Abs. 2 FinV (Anlage 2) betonte Wirtschaftlichkeit des Projekts zu missachten und sich den dort abgelehnten „unkalkulierbaren Risiken“ auszusetzen: 17 Es droht – da das Großprojekt insgesamt nicht mehr vertraglich und finanziell gesichert ist – jederzeit das Fiasko einer nutzlosen Bauruine, weil die Finanzierung fehlt, schwere Funktionsmängel nicht bewältigt werden können oder der Haltepunkt wegen sechsfach regelwidriger Gleisneigung (§§ 7 Abs. 2, 2 Abs. 2 EBO) keine Betriebserlaubnis erhält, worauf der BRH ( Anlage 19) hingewiesen hat.

Schon nach den eigenen Maßstäben, welche das Bundesverkehrsministerium für die Staatssekretäre der Bundesregierung im DB-Aufsichtsrat im Februar 2013 angewendet wissen wollte, hätten Projektalternativen bis hin zum Ausstieg ernsthaft geprüft werden müssen, um den Schaden minimieren zu können (siehe bereits oben S. 4 mit Bezug auf Anlage 4 S. 6 des Dokuments Informations-Workshop der Staatssekretäre als Vertreter des Bundes im DB-Aufsichtsrat). Genau dies haben die Beschuldigten der Parallel-Anzeige vom 15.02.2017 ebenso unterlassen, wie ihre Nachfolger, die Beschuldigten der vorliegenden Strafanzeige. III. Weitere Aspekte zur Konkretisierung des Schadens Vorstand und Aufsichtsrat der DB AG sind verpflichtet, der DB AG durch den Weiterbau des Bahnprojekts Stuttgart 21 keinen sicheren Vermögensschaden zuzufügen (siehe oben I und die Hinweise zum rechtlichen Handlungsrahmen im Schreiben vom 1.12.2016, Anlage 24):

1. Der Umstieg aus S 21 ist eine solche Schadensvermeidung, denn beim Weiterbau von S 21 werden laut Gutachten VIEREGG-RÖSSLER vom 5.10.2016 Mehrkosten von 6,45 Milliarden Euro anfallen, die der Umstieg vermeidet. Beweis: Gutachten der VIEREGG-RÖSSLER GmbH vom 5.10.2016 – Anlage 29 – Auf dagegen erhobene Einwände ist weiter einzugehen. Selbst wenn man der aktuellen Berechnung der DB AG folgt, ergibt sich folgendes Bild: a) Aufgrund der Kostenberechnung der Bahn vom Juni 2016 von 6,511 Mrd. Euro (siehe oben S. 5 Ziffer 2 c)) führt der Weiterbau im Vergleich zum Umstieg von 21 zu einer sicheren Schädigung der DB AG. Bei dieser Kostenkalkulation der DB AG sind aber eine Vielzahl Risiken, so auch die Risiken im Anhydrit, gemäß Gutachten KPMG / Basler nicht einberechnet. Beim Umstieg würden 1,8 Mrd. Euro für bisherige Planungs – und Vertragsabbruchskosten angerechnet, dazu – auf Basis der Bahnberechnung – weitere 1,85 Mrd. Euro. Das würde Umstiegskosten von 3,65 Mrd. Euro ergeben (vgl. Gutachten Dr. Vieregg vom 5.10.2016). 6,511 Mrd. Euro Projektkosten, vermindert um die Umstiegskosten von 3,650 Mrd. Euro bedeuten eine Ersparnis durch den Umstieg in Höhe von 2,9 Mrd. Euro bzw. 3,2 Mrd. Euro (dazu nachstehend). In dieser Höhe würde also bereits ein Vermögensschaden vermieden, würde man für den Umstieg der Kostenberechnung der Bahn folgen. Die DB AG wendet dagegen noch ein: – sie wolle um 524 Mio. Euro „gegensteuern“. Das ist aber nicht untermauert, wie der BRH (S. 9) und KPMG / Basler (S. 28 und S. 131) gleichermaßen kritisieren. Dieser Weg ist außerdem schon vor 7 Jahren durch damals ebenso spekulativ behauptete „Einsparpotentiale“ von 891 Mio. Euro fehl geschlagen, 18 wie die DB AG am 12.12.2012 eingestehen musste. – Die DB AG gesteht zwei Jahre Bauzeitverzögerung ein, die sie vermindern will, obwohl die Schwierigkeiten in den Tunnelbauten noch bevorstehen, wie KPMG / Basler bekräftigen (Inbetriebnahme taxiert unter noch unsicheren Bedingungen Dez. 2022 bis Dez. 2024) – der BRH stellt daher treffend zumindest Mehrkosten von 300 Mio. Euro fest, so dass die Ersparnis des Umstiegs nach derzeitigem Sachstand der Bahn auf 3,2 Mrd. € steigen würde. Wahrscheinlich ist aber im Falle des Weiterbaus von S 21 die Bauzeitverzögerung bis 2024, zumal die DB AG laut Anlage 4 S.8 (siehe oben S,4) schon vor etlichen Jahren die Fertigstellung des Projekts bis 2024 ganz ohne die Verzögerungen durch Probleme im Anhydrit für realistisch gehalten hat. – Damit liegt die Schädigung der DB AG durch den Weiterbau nach aktueller eigener Berechnung der DB AG zumindest in hälftiger Höhe dessen, was die Verkehrsberatung VIEREGG-RÖSSLER ermittelt hat. Dies wurde den Aufsichtsräten der DB AG mit dem Schreiben des Aktionsbündnisses gegen S 21 vom 8.12.2016 (Anlage 25) dargelegt. b) Die mehrjährige Prüfung des Großprojekts und die daraus hervorgegangene Kostenberechnung des Bundesrechnungshofs (BRH) vom 8.09.2016 erfordert schon wegen der nach Art. 114 Abs. 2 GG gesicherten Unabhängigkeit und Einsicht des BRH in interne Bahnunterlagen grundlegende Beachtung, zumal dort auf unstreitige Sachverhalte verwiesen wird. Selbst wenn man – abweichend vom BRH – den Bundeshaushalt belastende Bauzeitzinsen als Herstellungskosten in Höhe von einer Milliarde Euro nicht einbeziehen würde, verblieben der DB AG im Falle des Weiterbaus von S 21 zumindest 8,1 bis 8,5 Mrd. € Kosten. Vermindert um Umstiegskosten von 3,65 Mrd. € folgt daraus eine Ersparnis durch den Umstieg von 4,45 bis 4,85 Mrd. Euro. Aufgrund der herausragenden unabhängigen Stellung des BRH spricht alles dafür, dass die Staatsanwaltschaft zumindest dieses Ergebnis ihren Ermittlungen zugrunde legt. Das Aktionsbündnis hat den DB-Aufsichtsrat darauf eindringlich hingewiesen. Beweis: Schreiben vom 1.12.2016 – Anlage 21 -, S. 4-6 Erhebliche sonstige Risiken, die der BRH ausdrücklich erwähnt (Anlage 19, S. 14), wie eine „intensive Aufrüstung“ des Bahnhofs wegen zu geringer Kapazität oder Mehrkosten wegen Auflagen infolge der regelwidrig starken Neigung der Gleise und Bahnsteige, deren Betriebsgenehmigung nicht gesichert sei, sind darin noch nicht enthalten. c) Die Kostenermittlung von KPMG / Basler prüft nur den Termin – und Kosten – Bericht der DB AG und beruht auf den Daten der Bahn, bestätigt zwar insoweit deren Berechnung (rund 6,4 bis 6,7 Mrd. €), jedoch durften die Prüfer nicht eigene Recherchen unternehmen und machen daher den wesentlichen Vorbehalt, nicht aussagen zu können, „ob uns alle beurteilungsrelevanten Informationen und Nachweise zugänglich gemacht wurden“ (S. 11). Kritisiert werden insbesondere die nicht erfassten Risiken, welche die Bahn nach ihrem nicht überprüfbaren Ermessen mit unter 50 % veranschlagt. Der Bericht trifft seine Aussagen auf Basis des Kenntnisstandes zum Gesamtwertumfang und Inbetriebnahmezeitpunkt als „bestmögliche Schätzung“ (S.11). Aus 19 alledem lässt sich gerade nicht ableiten, dass der Finanzierungsrahmen von 6,5 Mrd. Euro eingehalten werden kann.

2. Die Überwachungsaufgabe der Bahn-Aufsichtsräte gegenüber dem Vorstand erstreckt sich auch auf den Maßstab der Rechtmäßigkeit und der Zweckmäßigkeit der Führung des Bahnkonzerns – hier muss ein Vergleich zwischen Weiterbau und Umstieg von S 21(siehe Ziffer (1) unseres Schreibens vom 1.12.2016) einbezogen werden. Insoweit erweist sich das Thema Anhydrit nach dem vom Aufsichtsrat eingeholten Bericht von KPMG / Basler als von großer Bedeutung. Das gilt in rechtlicher Hinsicht auch deshalb zwingend, weil Vorstand und Aufsichtsrat der Bahn verpflichtet sind, den „erkennbaren Risiken Rechnung zu tragen“ (siehe oben S. 2). a) Die Bahngutachter stellen S. 52 „bei jedem Tunnel im Anhydrit“ – das sind bei Stuttgart 21 auf eine Strecke von 20 km (so Wittke u.a.) – „ein im Ingenieurbau unüblich großes Risiko für die Betriebstauglichkeit“ fest, das nicht beherrschbar ist (S. 52 des KPMG/Basler-Gutachtens , S. 7 des Schreibens v.1.12.16, Anlage 24). Beweis: Vernehmung führender Geologen Prof. Dr. Georgios Anagnostou, ETH Zürich und Prof. Dr. Dieter Kirschke,76275 Ettlingen Die Folgen sind u.a. – Tunnelbohrungen durch Anhydrit führen oft zu Quellungsschäden mit notwendigen Reprofilierungen und Kostenfolgen ( BRH S. 8, KPMG/B. S. 45). – Der Kostenfaktor eines Anhydritquellens um 10 cm wird je Einzelereignis mit 195 Mio. € veranschlagt, die dramatischere Folge für die Allgemeinheit ist die Sperrung des täglichen Verkehrsweges durch langfristige Sanierungsarbeiten. – Der Stuttgarter Wagenburg-Tunnel mit Anhydrit auf 450 m Länge hat immer wieder Sanierungsarbeiten erfordert und sich um 103 cm angehoben, der Autobahn- Engelberg-Tunnel Leonberg – 500 m im Anhydrit – musste seit 1999 viermal saniert werden, die nächste große Sanierung ist für 2017 bis 2021 vorgesehen. – Auch die zwei Schweizer Tunnelbauwerke, die im Anhydrit verlaufen, weisen vergleichbare Schäden durch Quellvorgänge nach Inbetriebnahme aus: Der Chienbergtunnel (Inbetriebnahme 2006) und der Adler-Eisenbahntunnel (fertig seit 2001). Teilweise sind die Baufirmen der drei letztgenannten Tunnel, die erhebliche Quellungsschäden aufweisen, nun auch bei S 21 tätig. – Wenn Sohlhebungen bis über 10 cm laut KPMG / Basler im Tunnel Stuttgart – Feuerbach mit 4,5 bis 13,5 % Eintrittswahrscheinlichkeit drohen und sich über viele Monate oder über Jahre hinweg verkehrsverhindernd auswirken – mit Potential für 100 Jahre – , erscheint dies nicht hinnehmbar. – Erschwerend kommt die durch quellfähigen Anhydrit stetige Gefahrenlage hinzu, dass bereits Verschiebungen des Gleisfeldes zwischen 7 und 15 mm zur Entgleisung von Zügen führen können. Es müsste also täglich – und dies auf die gesamte Nutzungsdauer – eine Schienenprüfung auf etwaige Gleislagenfehler erfolgen. Die lebensgefährlichen Risiken, dass die Schienenprüfung unterlassen sein könnte, erscheinen jedoch für Bahnreisende 20 unzumutbar. b) Rechtliche Bedenken sind dagegen zu erheben, dass es mit dem Grundgesetz zu vereinbaren wäre, die in ihrem Ausmaß schwer abschätzbaren und bautechnisch nicht vermeidbaren Schadensfolgen des Tunnelbaus im Anhydrit mit unüblich großen Risiken der Betriebstauglichkeit durch den Weiterbau von S 21 zu tolerieren. Denn Art. 87 e Absatz 4 Grundgesetz verlangt, dass der Bund – also auch die dem Bund gehörige Bahn – „gewährleistet, dass dem Wohl der Allgemeinheit, insbesondere den Verkehrsbedürfnissen, beim Ausbau und Erhalt des Schienenverkehrs der Eisenbahnen des Bundes … Rechnung getragen wird.“ Genau diese Gewährleistung würde mit dem Tunnelbau von Stuttgart 21 im Anhydrit auf Dauer untergraben. Die große Sorge über die ungelöste Gefahr von Streckenstilllegungen infolge der durch Anhydrit in den S 21-Tunneln zu erwartenden Quellprozesse wird im Verkehrsministerium Baden-Württemberg geteilt, wie ein dort vom Unterzeichner am 11.01.2017zusammen mit Geologen geführtes Gespräch und dazu ein Sondertermin des Lenkungskreises zu S 21 vom 1.02.2017 mit den Gutachtern Prof. Dr. Georgios Anagnostou und Bau-Ingenieur Ernst Basler ergeben hat. c) Die geschilderte Ausgangslage der durch Anhydrit in 20 km S 21 – Tunneln bestehenden „unüblich großen Risiken für die Betriebstauglichkeit“ kann sowohl die Pflichtwidrigkeit eines Verstoßes dagegen als auch eine „schadensgleiche Vermögensgefährdung“ im Sinne des Straftatbestandes der Untreue erweisen (vgl. dazu Fischer aaO Rn 67, 150, 157 f. mit Nachweisen). Jedenfalls werden Altlasten im Boden nach der zivilrechtlichen Rechtsprechung (siehe BGHZ 52, 52 ff. und OLG München, NJW 1995, 2566 mit Nachweisen sowie PalandtWeidenkaff, BGB,73. Aufl., § 434 Rn 62) als „Mangel“ im Sinne eines Sachverhalts verstanden, „dass der Boden und der Untergrund eines Grundstückes mit Stoffen belastet ist, die Gesundheit und Umwelt gefährden“. Dieser Aspekt erscheint erst recht verfassungsrechtlich und eisenbahnrechtlich tragfähig, wo es zugleich um überragende Rechtsgüter der öffentlichen Daseinsvorsorge geht. Beim Risiko zu erwartender Quellwirkungen des Anhydrit und daraus entstehender Sohlhebungen und Streckenstilllegungen im Bereich von über 15 km S 21- Tunneln sind jedenfalls die Voraussetzungen einer schadensgleichen Vermögensgefährdung erkennbar. Denn Geologen und unabhängige Betrachter werden die unüblich hohe, nicht beherrschbare und daher „nahe liegende Gefahr des endgültigen Verlusts eines Vermögensteils“ ( BGH – Rspr., vgl. Fischer aaO zu § 266 StGB Rn 150) im Bereich der S 21-Tunnel nicht in Kauf nehmen. Das wäre als ein „Gefährdungsschaden“ im Sinne des Straftatbestands der Untreue einzustufen. d) Unabhängig von den vorstehenden Ausführungen ist jedenfalls auch die Zweckmäßigkeit des Vorstandshandelns zu überwachen. Angesichts der beschriebenen Gefahren durch Anhydrit in vier Stuttgarter Tunneln, die das Bahnprojekt nach sich ziehen würde, lässt sich feststellen: Es ist nicht zweckmäßig, dem Wohl der Allgemeinheit in der Stuttgarter Metropolregion mit ihrem hohen Verkehrsbedarf dadurch dauerhaft zu schaden, dass ein „unüblich hohes Risiko für die Betriebstauglichkeit“, das bautechnisch nicht lösbar ist, eingegangen wird. Ein Umstieg auf Alternativen zu S 21 erscheint auch deshalb unerlässlich. 21 3. Im Ergebnis ist der Umstieg auf Vorschläge, wie mit dem Konzept Umstieg 21 erarbeitet, der einzige Weg, um den Maßstab der Wirtschaftlichkeit, der Rechtmäßigkeit und der Zweckmäßigkeit des Vorstandshandelns anzuwenden und zugleich die Vermögensbetreuungspflicht für den Bahnkonzern schadensmindernd nicht zu verletzen. Auch dies ist den Aufsichtsräten der DB AG mit Schreiben vom 8.12.2016 und vom 10.03.2017 – insoweit auch den Beschuldigten als Bahnvorständen – erklärt worden. IV. Zur (bedingt) vorsätzlichen Inkaufnahme einer pflichtwidrigen Schädigung des Bahnkonzerns Zur Frage strafrechtlich vorwerfbarer Verletzung von Vermögensbetreuungspflichten und der dadurch verursachten Schädigung der DB AG ist auszuführen: 1. Die Beschuldigten können sich – worauf vorsorglich einzugehen ist – nicht damit entlasten, dass die DB AG zum Jahresende 2016 ihre S 21- Projektpartner auf 65 % der Milliarden Mehrkosten oberhalb von 4,526 Mrd. Euro beim Verwaltungsgericht Stuttgart verklagt hat und damit einen Großteil des ihr drohenden Schadens auf das Land Baden-Württemberg, die Landeshauptstadt Stuttgart, die Flughafen Stuttgart GmbH u.a. abzuwälzen sucht, wie das diesbezügliche Schreiben der DB AG an Oberbürgermeister Fritz Kuhn ausweist (siehe Schreiben der DB AG vom 30.11.2016, Anlage 28). Diese Klage lässt angesichts unvereinbarer Standpunkte der Projektpartner eine langjährige Prozessführung erwarten und kann schon deshalb nichts am aktuellen Schadenseintritt des schadensursächlichen Weiterbaus von S 21 ändern. Selbst eine (teilweise) nachträgliche Schadenswiedergutmachung – hier im Prozesswege – wäre nur für die Strafzumessung von Bedeutung (vgl. Fischer aaO § 266, Rn 164 mit Nachweisen). Unabhängig davon ist die von der DB AG eingereichte Klage aus folgenden Gründen nicht erfolgversprechend: a) Wird die Kostenobergrenze des Finanzierungsvertrags (FinV) incl. Risikopuffer von 4,526 Mrd. Euro überschritten, gilt nach § 8 Abs. 4 FinV die „Sprechklausel“, die keine Zahlklausel ist. Auch die Betonung des gemeinschaftlichen Zwecks im Sinne gesellschaftsähnlicher Verhältnisse verpflichtet unfreiwillig zu keinen Zahlungen, weil es den gesetzlichen Grundprinzipien (§ 707 BGB) widerspräche ( Münchner Kommentar zum BGB, Schäfer, 6. Auflage, § 707 Rn 1f.) . Kein Wunder also, dass schon die vom Bahn-Vorstand beauftragte Kanzlei Freshfields keine rechtliche Handhabe sah, Mehrforderungen gegenüber den Projektpartnern gerichtlich durchzusetzen (Anlage 4 S. 9). b) Selbst wenn man den behaupteten Anspruch begründen könnte, wäre er drei Jahre nach seinem Bekanntwerden verjährt (§§ 195,199 BGB). So liegt der Sachverhalt hier. Denn im Dezember 2009 waren 4,979 Mrd. Euro Projektkosten bekannt, die nur mit spekulativ groben Schätzungen „ohne vertiefte Planung“ und ohne dafür erforderliche Zustimmungen Dritter um 891 Mio. Euro herabgesetzt und „geschönt“ wurden (DB-Dokument vom 10.12.2009, Anlage 1,S. 5 und 6). Bestätigt wird der Sachverhalt u.a. durch das Geständnis der Bahnchefs vom 12.12.2012 über bis zu 2,3 Mrd. 22 Euro Mehrkosten, in denen 1,1 Mrd. Euro „Kalkulationsdifferenz“ enthalten waren für „nicht budgetierte Leistungen“ und „nicht realisierbare Planansätze“ (Anlage 3), außerdem durch Erkenntnisse aus dem Bundesverkehrsministerium über die Eigenhaftung der DB AG und mögliche Pflichtverletzungen des Vorstands (Anlage 4, siehe oben S. 4). Die Beweise liegen auch den Projektpartnern vor. c) Schließlich stehen auch die Grundsätze unzulässiger Rechtsausübung und der Schlechterfüllung von Vertragspflichten der Klage entgegen. Bereits das Zustandekommen des FinV vom 2.04.2009 und der weitere Verlauf bis Jahresende beruhten auf falschen Kostenangaben von rund 1 bis 1,9 Mrd. Euro. Und der Weiterbau des Projekts vom März 2013 folgte zugestanden einem eindringlichen, vorbehaltlosen Begehren der damaligen Bundesregierung, ohne dass ein neuer Finanzierungsvertrag zustande kam. Das muss sich die DB AG zurechnen lassen. Hinzu kommt, dass schwerwiegende Funktionsmängel das Projekt hochgradig belasten, so die sechsfach regelwidrige Gleis- und Bahnsteigneigung, die fehl geschlagene Verbesserung des Verkehrsangebots (§ 3 Abs. 1 FinV) bei Halbierung der Gleise und jetzt der durch Anhydrit auf 20 km Tunnelstrecke sowie der wiederkehrend drohende VerkehrsGAU (siehe Anlage 24). Dies alles muss eine Haftung der Projektpartner für S 21-Mehrkosten ausschließen. d) Der eingeleitete Prozess ist also kein Ausweg aus der Sackgasse, zumal es die sichere Schadensvermeidung durch den Umstieg von S 21 gibt. Darauf sind die Bahn-Aufsichtsräte mit dem Schreiben des Aktionsbündnisses vom 20.01.2017 eindringlich hingewiesen worden. Beweis: Vorlage des Schreibens vom 20.01.2017, Anlage 23 2. Das Handeln der Beschuldigten ist nur strafbar, wenn sie dem betreuten Bahnkonzern zumindest mit bedingtem Vorsatz einen Vermögensnachteil zugefügt haben. Teilweise besteht insoweit die Tendenz, strengere Maßstäbe an den Nachweis bedingt vorsätzlicher Untreue anzulegen in dem Sinne, dass die Täter sich der Pflichtwidrigkeit und des dadurch bewirkten Nachteils bewusst gewesen sein müssten. Es ist aber unzweifelhaft, dass die allgemeinen Maßstäbe einer vorsätzlichen Straftat gelten müssen (treffend Fischer aaO Rn 176 m. Nachw.). Strafbarer Vorsatz (§ 15 StGB) gilt als „Wissen und Wollen der zum Tatbestand gehörenden objektiven Merkmale“ (RG 58, 247, BGH NJW 89, 781). Somit gilt: a) Das Wissenselement des Vorsatzes erfordert es, dass die Beschuldigten den Schadenseintritt als möglich oder wahrscheinlich einschätzen (Fischer aaO Rn 178). Das ist vorliegend angesichts der Gutachten (VIEREGGRÖSSLER, BRH, KPMG/Basler) und des eigenen Termin & Kosten – Berichts vom Juni 2016 nicht zweifelhaft. b) Das Willenselement des Billigens soll daraus nicht ohne weiteres abzuleiten sein. Nach früherer Rechtsprechung des 1. Strafsenats soll das Wissen der Verursachung eines besonders hohen Schadens, insbesondere eines unbeherrschbaren Risikos des Vermögensverlustes ein Indiz dafür sein, dass ein Gefährdungsschaden billigend in Kauf genommen wird (BGH 46, 30, 35 u.a., siehe Fischer aaO). Die bloße Hoffnung auf einen guten 23 Ausgang genügt nicht, um den bedingten Vorsatz, einen Vermögensnachteil zuzufügen, verneinen zu können (BGH 31, 287, Fischer aaO). In diesem Sinne werden sich die Beschuldigten nicht damit exkulpieren können, sie hätten die Schädigung der DB AG nicht gebilligt, weil sie auf die Ersparnis durch einen vage erhofften „Gegensteuerungsbedarf“ von 524 Millionen Euro gehofft hätten. c) Weitere Tendenzen, den bedingten Vorsatz strenger auszulegen, betreffen den Gefährdungsschaden (vgl. Fischer aaO Rn 181). Das wäre relevant, wenn sich der Tatvorwurf auf den Gesamtschaden des Projekts von mindestens drei Mrd. Euro, möglicherweise auf über sechs Mrd. Euro richten würde, der durch den Umstieg von S 21 vermeidbar ist. Nur im Hinblick auf diesen Gefährdungs-Gesamtschaden des Großprojekts könnte das Bemühen berechtigt sein, das vorsätzliche Handeln der Tatverdächtigen davon abhängig zu machen, ob sie sich willentlich mit diesem Gesamtschaden eines S 21-Weiterbaus abgefunden haben. Hinreichender Tatverdacht, pflichtwidrig einen Gefährdungsschaden im Sinne der Untreue zu verursachen, dürfte aber vorliegen, soweit es um die mit dem Tunnelbau von S 21 sich realisierende „nahe liegende Gefahr“ von schädigenden Sohlhebungen durch quellfähigen Anhydrit geht (siehe dazu oben S. 12, Ziffer 2 c)). d) Hier soll es nach Auffassung der Anzeigeerstatter für den strafrechtlichen Vorwurf der vorsätzlichen Untreue – zunächst jedenfalls – hauptsächlich darauf ankommen, welcher Schaden seit dem pflichtwidrig unterlassenen Bau- und Vergabestopp zu S 21 bis zur strafrechtlichen Verfolgung und ggfs. Verurteilung angerichtet wurde. Insoweit ist der Schaden durch fortschreitendes Weiterbauen von S 21 unübersehbar und damit sicher zu bejahen, dass die Beschuldigten der Deutschen Bahn AG wissentlich und willentlich Vermögensnachteile zugefügt und daher die Straftat der Untreue in Höhe der seither nutzlos investierten Millionen Euro Baukosten billigend in Kauf genommen haben. 3. Der Tatzeitpunkt für den Beschuldigten Ziffer 1 betrifft ihn bereits als Finanzvorstand der DB AG, der Anfang Juni 2016 den Termin-& Kostenbericht zu S 21 kannte, ohne zumindest nach dem diesseitigen Verlangen vom 30.06.2016 zur Schadensvermeidung tätig zu werden sowie seit Januar 2017 beide Beschuldigte als Vorstandsmitglieder der DB AG, wie eingangs im Tatvorwurf formuliert. Nicht zu übersehen ist, dass Dr. Lutz langjährig schon speziell die Vermögensbetreuung für die Projektfinanzen der DB AG zu verantworten hatte, ebenso war Herr Pofalla schon vor seinem Amtsbeginn als Infrastrukturvorstand leitend innerhalb des Bahnkonzerns tätig.

Im öffentlichen Interesse erschien es jedenfalls unaufschiebbar, nach dem viermaligen Leerlauf der Termine des Aufsichtsrats (13.10., 14.12.16, 30.01., 22.03.17) und dem Abgang der bisherigen DB-Vorstände durch die Strafanzeige deutlich zu machen, dass dieser Fall von Wirtschaftskriminalität eines staatseigenen Unternehmens dringend aufzuarbeiten ist. 24 V. Zu neueren Contra-Argumenten Abschließend sollen noch neuere Einwände genannt und erörtert werden, die aus Erklärungen des Beschuldigten Ziffer 2 und aus dem Gespräch mit einem Aufsichtsrat der DB AG entspringen: 1. Man beruft sich wegen Kostensteigerungen bei S 21 auf die „Sprechklausel“ des § 8 Abs. 4 FinV, als wenn daraus eine Zahlklausel abzuleiten sei. Das widerspricht dem Wortsinn und muss schon deshalb fehl schlagen. Allerdings wird sich die Klage, die 65 % der Mehrkosten des Projekts auf die Projektpartner abwälzen soll, vermutlich auf Bestimmungen stützen, die ergeben, dass die DB AG das „Gemeinschaftsprojekt“ nur betreiben wollte – und durfte – solange es wirtschaftlich ist. Dafür kann sich die DB AG auf die Realisierungsvereinbarung der Projektpartner vom 24.07.2001 zu S 21 stützen, in der es heißt, die Parteien seien sich einig, „dass die Risiken aus der Realisierung des Projektes im Rahmen des jeder Partei wirtschaftlich Zumutbaren gehalten werden müssen“ – deshalb kam es damals zu einer Reihe von Stützungsmaßnahmen zu Gunsten der DB AG, die in der Folgezeit umgesetzt wurden. Richtig ist auch, dass § 2 Absatz 2 Satz 1 FinVe betont, es sei „von besonderem Interesse, dass für die DB AG und die EIU aus der Realisierung des Gesamtprojektes keine unkalkulierbaren Risiken entstehen und dass die Wirtschaftlichkeit dargestellt ist.“ Daraus ergab sich auch bei Sprengung des Kostendeckels von 4,526 Mrd. Euro ein vertragliches Kündigungsrecht der Projektpartner, begrenzt bis Jahresende 2009. Die Deutsche Bahn AG und deren Vorstand können aber deshalb keineswegs Mehrkosten des Projekts auf die Projektpartner abwälzen. Das folgt aus den oben S. 21 f. bereits aufgeführten Gründen: Die etwaige Forderung verjährte Jahresende 2012, weil die DB AG im Spätjahr 2009 – drei Jahre zuvor – Kenntnis hatte von über 4,9 Mrd. Euro Projektkosten, sie aber um 891 Mio. Euro verschleiernd absenkte und dies Ende 2012 auch mit sogar 1100 Mio. Euro selbst verschuldeter „Kalkulationsdifferenzen“ aus „nicht budgetierten Leistungen“ u.a. anerkannte. § 707 BGB versagt es bei gesellschaftsähnlichen Verhältnissen der DB AG bereits den Anspruchsgrund und es ist auch treuwidrig, die Partner des Projekts mit falschen Angaben über die Kostenhöhe hinters Licht zu führen, um sie zur Zahlung verpflichten zu wollen. So erstaunt es nicht, dass der Beschuldigte Ziffer 2 im Interview vom 27.04.2017 erklärt, ein außergerichtlicher Vergleich sei ohne weiteres möglich. Allein für die DB AG würde das Sinn machen, weil ihr nämlich gar nichts zustünde. Die Beschuldigten wissen dies, weil sie auch die Entstehung der Mehrkosten des Projekts seit 2009 von über 4,9 Mrd. Euro , die damit drei Jahre später eingetretene Verjährung und die schlechten Aussichten ihrer Klage kennen. 25 2. Der Beschuldigte Ziffer 2 versucht ein falsches Spiel, indem er erklärt, das Gutachten von KPMG/Basler bestätige Projektkosten von 6,3 bis 6,7 Mrd. Euro Kosten. Sein Amtsvorgänger Kefer war da ehrlicher, als er schon im Juni 2016 erklärte, dem Gutachten lägen die Zahlen der DB AG zugrunde, so dass das Ergebnis nicht überraschen könne. Die Gutachter durften nicht selbst recherchieren und beanstandeten, dass die DB AG nach eigenem Ermessen Risiken nicht erfasste, die sie mit weniger als 50 % Eintrittswahrscheinlichkeit beurteilte (siehe näher oben S. 18 Ziffer 1 c)). 3. Die gleiche bemerkenswerte Methode versuchter Irreführung setzt der Beschuldigte Ziffer 2 ein, wenn er geltend macht, er habe 2013 gegenüber den Aufsichtsräten den Weiterbau von S 21 nicht per Weisung herbeigeführt. Das ist diesseits weder behauptet worden noch kam es darauf an. Denn verbotswidrig waren bereits „weisungsähnliche Handlungen“ und „im Einzelfall erfolgte Aktivitäten“ (Ziffer 55 der VV zu § 65 BHO), die Interessenkollisionen der Aufsichtsräte vermeiden sollten und die hier auf breiter Front der damaligen Bundesregierung (siehe oben S.11), vom BKA prozessual nicht mehr bestritten, stattgefunden haben. 4. Ähnlich verlief der Versuch dieses Beschuldigten, unter Berufung auf eigene Gutachter das zu Anhydrit kritische KPMG/Basler-Gutachten zu entwerten. Auch dies ist aber oben (S18 f.) als ungeeignet zurückgewiesen worden. Es würde widersprüchlich sein, die Fragen der Betriebstauglichkeit von S 21 durch führende Sachverständige bewerten zu lassen, um sie zu verleugnen, wenn die nach neuester Wissenschaft fundierten Erkenntnisse nicht in den politischen Kram passen. 5. Bisher mitgeteilte Contra-Argumente gegen den Tatvorwurf der Untreue eignen sich also nicht, die Beschuldigten zu entlasten. Das dürfte umso mehr gelten, als das Zusammentreffen der schwer wiegenden Einwände längst dazu hätte veranlassen müssen, die Alternativen zu S 21 endlich ernsthaft zu prüfen, wie es das Dossier aus dem Bundesverkehrsministerium schon im Februar 2013 für richtig hielt. Hier scheint das Problem ganz woanders zu liegen: Nobelpreisträger Daniel Kahnemann beschreibt es so, dass es „einen dauerhaften Makel in der Erfolgsbilanz des Managers erzeugen“ würde , und „seinen persönlichen Interessen vielleicht am besten gedient ist, wenn er weiter die Finanzmittel der Organisation aufs Spiel setzt, in der Hoffnung, die ursprüngliche Investition wieder hereinzuholen – oder zumindest in dem Bestreben, den Tag der Abrechnung hinauszuschieben“. (Kahnemann, Schnelles Denken, langsames Denken, 1. Aufl. 2017, S. 425). Vorliegend sind zwar zwei ehemalige Bahnvorstände ausgewechselt, aber ihre Nachfolger sind in deren Versagen beim Projekt S 21 nicht weniger verstrickt. Wenn aber die Maßstäbe der Vernunft und des rechtsstaatlichen Handelns versagen, ist das Eingreifen der Justiz unerlässlich. Abschließend bitte ich, mir den Eingang der Strafanzeige und das dortige Aktenzeichen baldmöglich mitzuteilen.

Rechtsanwalt

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