Lieschen Müller und ihr Mann Michel erhalten eine Nachricht, dass sie bei einem Preisausschreiben 1 Woche im Vier-Sterne-Hotel auf den Malediven im Wert von 2.500 Euro gewonnen haben. Sie müssten nur die Flüge für 1.500 Euro bezahlen. Eigentlich wollten die beiden 2 Wochen in den Bayrischen Wald für 800 Euro. Aber sie waren noch nie auf den Malediven. Also zahlen sie. 2 Wochen vor der Abreise kommt ein Brief vom Veranstalter, dass eine weitere Vorauszahlung von 1.500 Euro zu leisten sei, sonst verfiele das gesamte Angebot. Sie zahlen wieder. Was denken sonst die Nachbarn, denen sie schon von den Malediven erzählt haben. 1 Woche vor dem Abflug kommt ein weiterer Brief….
Genauso ist es mit Stuttgart 21. Da wird von der Bahn versprochen, einen Hightech-Vorzeigebahnhof zu bauen, der Stuttgart ans europ. Hochgeschwindigkeitsnetz anschließen soll. Dabei gibt es schon einen hervorragend funktionierenden Bahnhof mit internationalen Anschlüssen (z.B. 4 x pro Tag TGV nach Paris). Obwohl die Bahn den Hightech-Kellerbahnhof finanzieren müsste, zahlen Stadt und Land 1,5 Mrd. Euro. Im Voraus. Doch nichts passiert. 2 Jahre später kommt eine weitere Forderung der Bahn von 1,5 Mrd. Sonst könne nicht weitergeplant werden. Und so wird es endlos weitergehen. Solange Lieschen Müller und ihr Michel bezahlen.
Kaputter Aufzug beim Bahnhof Rom
An Neujahr stellten wir fest, dass der Aufzug am S-Bahnhof in Rom kaputt ist. Wir riefen daraufhin die Notrufnummer der DB an, Tel. 0711.2029-1055, die 24 Stunden besetzt ist. Dort wurde versprochen, dass der Aufzug so schnell wie möglich repariert wird. Was tatsächlich geschah. Mal ein guter Zug der Bahn.
Unsere nächste Sitzung: Di, 15.1., 20 Uhr, TV-Heim Stetten.
Hier gehts zur Langfassung von Lieschen Müller:
„Schlechtem Geld noch mehr gutes hinterherwerfen oder Was sind <Sunk costs>?“
Ein Beispiel: Ich heiße Lieschen Müller und erhalte eine Nachricht, dass ich bei einem Preisausschreiben gewonnen habe: sieben Nächte im Vier-Sterne-Hotel auf den Malediven für zwei Personen, Wert: rund 2400 Euro. Ich muss nur die Flüge bezahlen, natürlich bei demselben Veranstalter. Eigentlich hatten wir einen zweiwöchigen Urlaub in Südtirol geplant, der uns insgesamt nur ca. 800 Euro kosten würde. Aber ich war noch nie auf den Malediven und auch noch nie in einem Vier-Sterne-Hotel. WOW!
Vergleich: Ich heiße Wolfgang Schuster oder Günter Oettinger (wir sind jetzt in der Zeit nach 2002, als Stuttgart 21 unter Bahnchef Ludewig bereits schon einmal abgesagt war): Da könnte ich einen angeblichen Hightech-Durchgangsbahnhof gewinnen, mit dem ich mich bundesweit profilieren und der Stadt vielleicht einen neuen Stadtteil bescheren könnte (Schusteringen oder Oettingerhausen?), wenn ich einen Teil der Kosten übernehme.
Da erreicht mich, Lieschen Müller, ein Brief vom Veranstalter, dass ich eine Vorauszahlung leisten muss. 1500 Euro sofort, sonst könnte das Angebot nicht aufrechterhalten werden.
Tja, für 800 könnten wir doppelt so lange nach Südtirol fahren. Aber wir waren ja noch nie auf den Malediven, und wenn davon unsere Nachbarn und Kollegen erfahren, da werden die neidisch… Ich zahle.
Vergleich: Der Bahnhof war damals geplant zu Kosten in Höhe von 2,8 Milliarden Euro. Plötzlich ist die Rede von 4,088 Mio Euro. Das sei unwirtschaftlich für die Bahn, also müssen Stadt und Land sich beteiligen, sonst gibt es keinen tollen neuen Bahnhof. Ich zahle (rund 900 Mio. vom Land und 485 Mio + Zinsen fürs Gleisvorfeld von der Stadt).
Mir, Lieschen Müller, wird jetzt eine dringende Aufforderung gesandt: Die Flüge kosten jetzt plötzlich das Doppelte. Aber ich darf immer noch eine Woche im Luxushotel auf den Malediven nächtigen, wenn ich noch einmal 1500 Euro überweise.
Hier setzt die Wirtschaftspsychologie ein: Tatsächlich neigt der Mensch dazu, den offensichtlich verlorenen 1500 Euro, die die betrügerische Reisefirma schon erhalten hat, noch einmal 1500 Euro hinterherzuwerfen, damit die bereits investierten Gelder (die „Sunk costs“, Details siehe z.B. bei Wikipedia) sich eventuell doch noch amortisieren.
Das ist betriebswirtschaftlich gesehen natürlich: QUATSCH. Was man Lieschen Müller aber nicht verübeln kann. Die weiß es nicht besser. Von hochdotierten Politikern und Managern erwarte ich jedoch eine differenziertere Herangehensweise.
Im Aufsichtsrat der DBAG sind auf Arbeitgeberseite immerhin vier von neun Mitgliedern Wirtschaftswissenschaftler, im Vorstand leider nur einer von vier.
Und leider ist Vorstandschef Rüdiger Grube nun einmal gerade KEIN <hanseatischer Kaufmann>, als der er sich gerne geriert, sondern Ingenieur. Zudem einer, der nach eigener Aussage einmal getroffene Entscheidungen niemals revidiert (mobil, Magazin der DBAG, Juli 2011).
Man darf auf die DB-Aufsichtsratsitzung im Januar gespannt sein. Dessen Mitglieder lassen gerade ein Rechtsgutachten erstellen, inwieweit sie persönlich haftbar sein könnten, falls Stuttgart 21 kostentechnisch noch weiter aus dem Ruder läuft.“