Warum regt sich die Politik und unsere Presseorgane auf wenn die Befürworter des Kopfbahnhofes in Stuttgart – also die Gegner von Stuttgart21 – Lügenpresse skandieren? Die nachfolgenden Schreiben sprechen für sich:
Liebe Mitstreiter,
nicht nur die Stuttgarter Tageszeitungen schreiben Unwahrheiten. Auch die „Wirtschaftswoche“ behauptete in ihrer gestrigen Ausgabe, dass bei STUTTGART 21 die zukünftig höheren Fahrgastzahlen berücksichtigt seien. Das kann ich so nicht stehen lassen.
Schönes Wochenende!
Peter
Sehr geehrte Damen und Herren,
am 11.01.2019 veröffentlichte die WIRTSCHAFTSWOCHE einen Artikel unter der Überschrift „Bahnfahrer sollen künftig mehr Platz bekommen“ https://www.wiwo.de/unternehmen/dienstleister/gedraenge-in-bahnhoefen-bahnfahrer-sollen-kuenftig-mehr-platz-bekommen/23853728.html.
Ich möchte Sie, bzw. die verantwortlichen Redakteure darauf aufmerksam machen, dass dieser Artikel teilweise fehlerhaft ist.
Natürlich ist es richtig, dass mehr Bahnreisende auch mehr Platz auf den Bahnsteigen brauchen. Leider steht da die Bahn vor dem Problem, dass sie die Bahnsteige nicht einfach verbreitern kann.
Zumeist sind die Bahnhöfe beiderseits der Gleise dicht bebaut und können flächenmäßig nicht erweitert werden. Somit bliebe nur der Verzicht auf einzelne Gleise, um diesen Platz für breitere Bahnsteige zu nutzen.
Diese Variante scheidet jedoch aus, wenn man es ernst damit meint, in den nächsten Jahren den „Deutschlandtakt“ einzuführen.
Damit steht die Deutsche Bahn vor einem riesigen Problem, das außerdem noch mit enormen Kosten verbunden ist.
In dem oben genannten Artikel verweist die WIRTSCHAFTSWOCHE fast am Ende darauf, dass bei Neubauten, wie den Hauptbahnhöfen in Berlin und Stuttgart größere Reisendenzahlen bereits eingeplant würden, was so nicht stimmt.
Während im Berliner Hauptbahnhof die Bahnsteige wiklich relativ breit sind (mit Ausnahme der Bereiche, wo die Treppen zur Bahnhofshalle eingebaut wurden), handelt es sich bei „Stuttgart 21“ nicht einmal um einen Bahnhof.
Laut Regelwerk der Deutschen Bahn AG handelt es sich bei dem Stuttgarter Projekt nur um eine Haltestelle vom Charakter einer S-Bahnhaltestelle, da in dem unzulässig schrägen Bahnhalt (15,6 Promille statt erlaubter max. 2,5 Promille) keine Fahrtrichtungswechsel oder Rangierbewegungen zulässig sind.
Nun aber zur Kapazität:
Noch verfügt Stuttgart zumindest teilweise über den Kopfbahnhof, der zusammen mit dem Leipziger Kopfbahnhof zu den pünktlichsten Bahnhöfen Deutschlands zählte.
Dieser Bahnhof verfügt derzeit noch über 8 Bahnsteige (16 Gleise), auf denen vor allem in den Spitzenzeiten reges Treiben herrscht. Die neuen unterirdischen Bahnsteige werden schmaler sein, als die jetzigen und zusätzlich wird deren Anzahl von 8 auf 4 reduziert.
Somit stimmt es also nicht, dass die steigenden Fahrgastzahlen bei „Stuttgart 21“ berücksichtigt wurden.
Außerdem stammen die Planungen noch aus den Jahren vor 1994 und ihnen wurden ganz andere Bedingungen zugrunde gelegt, die heute längst nicht mehr zeitgemäß sind.
Würde man aber den Kopfbahnhof erhalten, wäre beim Beibehalt von 16 (ursprünglich sogar 17) Gleisen eine Verbreiterung der Bahnsteige ohne weiteres möglich.
In Stuttgart befinden sich nähmlich zwischen den Gleisen noch sogenannte „Gepäckbahnsteige“, über die früher die Gepäckwagen be- und entladen wurden. Auch die Speisewagen (als es sie noch gab) wurden über diese „Gepäckbahnsteige“ mit Nachschub versorgt. Damit blieben die eigentlichen Bahnsteige nur für Reisende vorbehalten.
Da es schon seit langer Zeit keine Gepäckwagen und auch keine Speisewagen mehr gibt, könnte man bei einer Sanierung des Kopfbahnhofs die Gepäckbahnsteige entfernen, die Gleise dichter zusammenlegen und somit die Bahnsteige verbreitern.
Eine weitere Möglichkeit wäre, die Gepäckbahnsteige auf das Niveau der Bahnsteige zu erhöhen und somit die Möglichkeit zu schaffen, den Zug von beiden Seiten zu betreten.
Natürlich könnte man zum Beispiel auch links aussteigen und rechts einsteigen.
Das alles kann die schräge Haltestelle mit dem wohlklingenden Namen „Stuttgart 21“ nicht bieten. Eisenbahnfachleute aus aller Welt bezeichnen deshalb das Projekt, das 1994 auf der Immobilienmesse in Cannes als Immobilienprojekt vorgestellt wurde, als Infrastrukturrückbau.
Aus all diesen Gründen bitte ich Sie, bei zukünftigen Berichten zum Thema Stuttgart nicht mehr als zukunftsweisend zu bezeichnen. „Stuttgart 21“ ist eine Fehlplanung im Interesse der Politik und der Bauwirtschaft und wird den Bahnverkehr in ganz Baden-Württemberg deutlich negativ beeinflussen.
Für weitere Fragen stehe ich Ihnen gern zur Verfügung oder kann Sie auch an entsprechende Fachleute verweisen.
Mit freundlichen Grüßen
Peter Müller