10 Jahre Stresstest (2)

Im November 2010 fand in Stuttgart die sog. „Schlichtung“ zu Stuttgart
21 statt, live übertragen im SWR-Fernsehen ins ganze Land. Auch in
unserer Gemeinde saßen Hunderte von Interessierten vor den Bildschirmen,
nicht nur die vielen Kernener Aktiven, die zuvor zu den großen
Demonstrationen am Bahnhof mit bis zu 150.000 TeilnehmerInnen nach
Stuttgart gefahren waren.
Am Ende stand der mit großem Trara verkündete „Schlichterspruch“ des
alten CDU-Politfuchses Heiner Geißler, der einen „Stresstest“ über die
Leistungsfähigkeit des Bahnhofs vorschlug. Das Ergebnis dieses
Stresstestes wurde vor 10 Jahren, am 29.7.2011, der Öffentlichkeit
präsentiert. Geißler schlug einen Kombibahnhof aus unter- und
oberirdischen Gleisen vor.
Der Knackpunkt dieser S21-Schlichtung bestand darin, dass gar nicht um
die Sinnhaftigkeit des Baus von S21 gestritten wurde, sondern nur darum,
ob der neue Tiefbahnhof mit 8 Gleisen leistungsfähiger sei wie der
bestehende Kopfbahnhof mit 16 Gleisen.
Unsere Bürgerbewegung war angetreten, um den alten Bonatz-Bahnhof zu
erhalten und S21 zu verhindern. Und hätte deshalb an dieser (nach außen
gut verkauften) „Bürgerbeteiligung-Schau“ nicht mitmachen dürfen. So wie
es damals die „Parkschützer“ forderten, die aber von den Politprofis aus
Grünen und einzelnen Sozialdemokraten im S21-Aktionsbündnis an den Rand
gedrängt wurden. Ja, die Grünen waren damals noch gegen S21 und drehten
sich erst um 180 Grad, als sie 2011 an die Macht kamen.
Unsere Protestbewegung wurde in den Planungsprozess des umstrittenen
Projekts hineingezogen – ohne tatsächlich etwas entscheiden zu können.
Zusammen mit dem brutalen Polizeieinsatz am 30.9.2010 führte diese
Umarmungstaktik dazu, dass die große Dynamik des Widerstand gegen S21
gebrochen wurde.
Aber wir sind nach wie vor jeden Montag auf der Straße, auch 10 Jahre
später.

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