Nachfolgend Briefe des Bürgers Peter Müller an Bundesverkehrsminister Wissing (FDP) und Chefredakteur Dorfs von der StZ

Sehr geehrter Herr Minister,

auf der Internetseite der Deutschen Bahn AG habe ich gerade folgende Worte von Richard Lutz gelesen, die mir die Haare zu Berge stehen lassen:

„Der Rückenwind für die Eisenbahn zeigt: Es ist unerlässlich, auch in herausfordernden Zeiten konsequent weiter in mehr Verkehr auf der klimafreundlichen Schiene zu investieren. Gleichzeitig arbeiten wir entschlossen daran, unsere Wirtschaftlichleit zu erhöhen.“

Dennoch ist Lutz noch immer „finster entschlossen“, Stuttgart 21 zu Ende zu bauen, obwohl bereits sein Vorgänger Dr. Rüdiger Grube noch in seiner Amtszeit erkannt hatte, dass das Projekt bei Kosten über 4,5 Mrd. Euro unwirtschaftlich sei.

Im Moment liegen die Kosten laut Bahn immer noch knapp unter 10 Mrd. Euro aber man hat erkannt, dass Stuttgart 21 den Bahnverkehr der Zukunft kapazitätsmäßig nicht bewältigen kann. Deshalb planen Bahn und Politik weitere teure Zusatzbauten wie den „Pfaffensteigtunnel“, eine zweite Nordanbindung und mehr. Das alles aber kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass die achtgleisige unterirdische Haltestelle (siehe Regelwerk der DB AG) zu klein geplant wurde und daher nie die Leistung des heutigen Kopfbahnhofs erbringen kann.

Und da spricht Herr Lutz von Wirtschaftlichkeit?

Wie verlogen ist das denn?

Auch die Neubaustrecke von Stuttgart nach Ulm wird nie wirtschaftlich sein können, da auf ihr kein Güterverkehr möglich ist. Dass Grubes „leichte Güterzüge“ nur ein schlechter Witz waren, ist längst bekannt.

Mit teuren Großprojekten wie Stuttgart 21, dem Fehmarnbelttunnel oder der Verlegung des Bahnhofs Hamburg-Altona nach Diebsteich wird die Bahn mit Sicherheit nicht wirtschaftlicher. 

Auch der geplante Tiefbahnhof in Frankfurt mit 8 km Tunnel lässt schon jetzt erahnen, dass das Projekt kaum wirtschaftlich sein wird. Haben Sie eigentlich nichts gelernt aus den Fehlern Ihrer Vorgänger? Dank Ihrer Politik droht nun ein „Frankfurt 21“ mit Bauzeitverlängerungen, Kostenexplosionen und weiteren Problemen. 

Bahnkunden hören immer nur von Projekten, die den Fernverkehr effektiver machen sollen. Dabei nutzen 80 % der Bahnkunden den Regionalverkehr. Hier aber setzt die Bahn ihren unter Hartmut Mehdorn begonnenen Sparkurs fort.

Die Verbesserung des Bahnverkehrs, die in Frankfurt versprochen wird, hat man auch bei Stuttgart 21 als Argument für den Bau des Immobilienprojekts ins Feld geführt. Jetzt gibt es Pläne, den Regionalverkehr überhaupt nicht mehr in den Stuttgarter Hauptbahnhof fahren zu lassen, weil man nach knapp 30 Jahren „schon“ erkannt hat, dass 8 Gleise viel zu wenig sind.

Und obwohl die nächste Kostenexplosion bereits für den kommenden Herbst angekündigt wurde, halten alle Parteien mit Ausnahme der LINKEN und einiger kleiner Öko-Parteien am Weiterbau von Stuttgart 21 fest. Dabei ist noch nicht einmal sicher, ob S21 überhaupt eine Betriebserlaubnis bekommt. Zu schwer wiegen die Mängel beim Brandschutz, bei der Leistungsfähigkeit und beim Energieverbrauch des Tiefbahnhofs.

Sie erinnern sich sicher noch an die Probleme bei der Inbetriebnahme des BER. Auch hier klemmte es am Brandschutz. Allerdings konnte man da noch nachbessern und hat sich dafür 7 Jahre Zeit gelassen. Ob das bei Stuttgart 21 mit seinen verengten Tunnelquerschnitten möglich sein wird, ist zweifelhaft.

Dennoch wird von Bahn und Politik auch weiterhin jede verbaute Schraube und jeder Eimer Beton lautstark gefeiert während sich gleichzeitig immer mehr Verantwortliche aus dem Projekt verabschieden. Selbst der Architekt Frei Otto, der die Kelchstützen entwarf, distanzierte sich kurz vor seinem Tod von dem Projekt. Auch Prof. Gerhard Heimerl, der gern als „Vater von Stuttgart 21“ bezeichnet wurde, meldete berechtigte Zweifel an.

Solange Politiker so beratungsresistent sind wie die Verkehrsminister seit der Bahnreform 1994, ist das Märchen von einer effizienten Deutschen Bahn einfach unglaubwürdig.

Mit besorgten Grüßen

Peter Müller (Bahnkunde)

Dieser Beitrag wurde unter Allgemein veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.