Der Herren Knechte
Eigentlich sollten JournalistInnen ja die Vierte Gewalt im Staat sein – unabhängig, kritisch und sorgfältig in der Recherche. Leider erfüllt die StZ schon seit längerer Zeit diese Vorgaben nicht mehr. Und wird jeden Morgen bei der Frühstückslektüre zu einem Ärgernis, das den ganzen Tag verdirbt. Das ist sehr bedauerlich für jemand wie mich, der seit den Zeiten des Herausgebers Josef Eberle gefühlsmäßig und als Abonnent bzw. Leser mit der Stuttgarter Zeitung verbunden ist. Beispiele gefällig? Im Artikel von M. Schiermeyer vom 2.7.14 „Viele Betriebe zahlen schon 8,50 Euro“ wird die Geschichte des Zeitungsausträgers und Rentners Manfred Wagner erzählt, der froh und glücklich – so vermittelt Schiermeyer in seinem Bericht – an 6 Tagen in der Woche die StZ austrage. Für diese Arbeit erhält er 320 bis 350 Euro. Rechnet mensch diese „Vergütung“ auf die gearbeiteten Stunden um, kommen wir auf einen Hungerlohn, der z.T. unter 7 Euro die Stunde liegt. (Wie gesagt, Mindestlohn wäre 8,50 Euro). Das alles zum Nutzen und Frommen der Kapitaleigner der StZ bzw. der Südwestdeutschen Medien-Holding. Was soll ich mit so einem Journalisten anfangen, der keinen Arsch in der Hose hat, um die ausbeuterischen Austräger-Löhne der SWMH zu kritisieren? Und leider ist dies kein Einzelfall, sondern immer mehr die Regel bei der StZ: stromlinienförmig, unkritisch, kriecherisch. Aber die Sonderseiten über die Tunnelbohrmaschine von Herrenknecht haben dem Fass den Boden rausgehauen: Über diesen unseligen Unternehmer, der droht, seinen Betrieb zu verlegen, wenn er zu viele Steuern hier zahlen muss. Andererseits mehr Steuergelder für sich und seine Maschinen fordert, statt Griechenland zu unterstützen, wo er und seine Konsorten Milliarden mit Spekulationen auf die Staatsschulden und einem dem Volk verordneten Sparkurs verdienten. Und so einen Tiefflieger hebt ihr noch in den Himmel! Genauso wie die anderen Luagabeidl und Jubelperser, die sich bei den Tunneltaufen für S21 rumtreiben. Das hat mit kritischem Journalismus nichts mehr zu tun. Der Herren Knechte halt. Deshalb wird die StZ einen weiteren Leser verlieren.
Ebbe Kögel